Donnerstag, 14.09.2000
Wie
kommt man nach Kroatien? Das war weniger trivial, als wir zuerst dachten:
am Vorabend zeigte der Opel Monterey von Michaels Eltern, mit dem wir
fahren wollten, eine Warnleuchte man sollte keine längeren
Strecken damit fahren, und für den Renault Clio von meinen Eltern
gab es keine grüne Versicherungskarte. Die nächste Fallbackstufe
wäre Michaels Pickup, aber mit diesem untermotorisierten Panzer zu
dritt mit Gepäck hunderte von Kilometern durch die Gegend zu fahren,
macht nicht wirklich Spaß. Auf jeden Fall kommen wir nicht um fünf
Uhr morgens los, sondern müssen erst einmal abwarten und sehen, was
wir machen können. Der Allianz-Versicherungsvertreter ist morgens
nicht zu erreichen, nur der Anrufbeantworter geht dran, und die Allianz-Hauptstelle
kann grüne Versicherungskarten nur ausstellen und verschicken lassen,
was etwa zwei Tage dauert. Währenddessen hat Michaels Vater von der
Autowerkstatt erfahren, dass diese Warnleuchte nichts Ernstes zu bedeuten
hat, solange man den Motor nicht extrem belastet. Na gut, bis wir die
grüne Versicherungskarte für den Clio organisiert haben, fahren
wir lieber mit dem deutlich größeren und komfortableren Monterey,
kurz vor zehn Uhr geht es los. Michael und Basti holen mich in Ebersberg
ab, und weiter geht es über Grafing
und Bad Aibling auf die Autobahn. Wir fahren zügig weiter, nach Salzburg,
über die Tauern-Autobahn und Villach nach Italien, wo wir eine kurze
Pause machen. Weiter geht es durch das Tal des Tagliamento nach Udine,
und dann weiter nach Osten über Monfalcone nach Triest. Während
die Landschaft im Gebirge noch ziemlich gleich wie auf der österreichischen
Seite aussieht, abgesehen von den extrem breiten, trockenen Flussbetten,
die gewaltige Mengen von Steinen enthalten, ist die Gegend von Udine ziemlich
flach. Im Osten ab Duino fängt die Karstlandschaft an. Die Autobahn
führt parallel zur immer steiler werdenden Küste entlang; die
Küstenstraße läuft von Sistiana am Schloss Miramare vorbei
herunter bis nach Triest, während die Autobahn, auf der wir fahren,
ein Stück weiter im Landesinneren verläuft und langsam immer
höher steigt oder zumindest nicht an Höhe verliert. Kurz vor
Triest endet die Autobahn, und die Straße schraubt sich hinten um
Triest herum nach unten, um riesige Wohnblöcke herum, in einer großen
U-förmigen Schleife nördlich um das Stadtzentrum in das Gewerbegebiet
mit seinen riesigen Öltanks. Dort zweigen wir ab, und durch ein verwirrendes
System von Straßen, in dem nur ein Insider wie der Basti, der die
Strecke in- und auswendig kennt, sich zurechtfindet, geht es weiter nach
Slowenien. Das heißt: EU-Außengrenze, die zum Glück kurze
Autoschlange bewegt sich nur zäh vorwärts. Erstaunlich, bis
hier sind wir dank des Schengener Abkommens ohne eine einzige Grenzkontrolle
durchgekommen, wie muss das früher gewesen sein, als man an jeder
europäischen Grenze seinen Pass vorzeigen musste. Die italienischen
und slowenischen Grenzbeamten werfen nur einen kurzen Blick auf unsere
Pässe und winken uns durch, und die Straße, die jetzt absolut
nichts mehr mit der Autobahn von vorhin zu tun hat, windet sich durch
die Gegend. Bald sind wir an der kroatischen Grenze, und die Straße
geht weiter durch eine sehr kleinräumige und dünn besiedelte
Landschaft nach Süden. Hier gibt es oft Geschwindigkeitsbeschränkungen,
die wegen der vielen Kurven absolut sinnvoll sind. Die Straße ist
zwar in einem guten Zustand, der Teer ist lediglich ziemlich abgefahren
und an manchen Stellen recht glatt, aber kein bisschen ausgebaut. Sie
führt im Zickzack durch die Gegend, es geht bergauf und bergab, kurze
gerade Abschnitte wechseln sich mit scharfen Kurven ab, bei denen man
stark abbremsen muss. Und
alle paar Kilometer ist eine Werbetafel mit einem Bild der Altstadt von
Rovinj. Das letzte Stück ist Autostraße, was aber
auch nur einer durchschnittlichen deutschen Bundesstraße entspricht,
mit Baustellen für Mautstationen an beiden Enden, und schon sind
wir in Pula. Am Hafen parken wir (neben der Straße, wo in den Boden
Eisenbahnschienen eingelassen sind) und lassen unsere Crewliste vom Hafenkapitän
abstempeln, und weiter geht es durch die Stadt, am Amphitheater vorbei,
zur Marina Veruda. Wir parken das Auto in der Nähe vom Boot, decken
die Persenning ab, räumen unser Zeug ein, spülen das Deck ab,
füllen den Wassertank auf, und gehen in die Pizzeria zum Essen.
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Freitag, 15.09.2000
Gegen
8 Uhr stehen wir auf, wir haben sehr gut geschlafen, und ich gehe zum
Marina-Supermarkt zum Einkaufen. Ein Brot, ein Stück Butter, Käse
und Wurst nehme ich mit, und beim Kiosk noch eine Telefonkarte (100 Einheiten
für 38 Kuna), und wir frühstücken gemütlich. Danach
geht der Basti zur Hafenverwaltung
und erledigt noch ein paar Formalitäten, Michael und ich rufen zuhause
an. Dummerweise ist ein Telefonat nach Deutschland kaum billiger als mit
dem Handy, Michael macht die Karte halb leer, und nach dem Telefonat mit
meinen Eltern (die ich auf ihrem Handy anrufe, was nicht teuerer zu sein
scheint) sind nur noch 30 Einheiten drauf. Das geht aber schnell. Danach
gehen wir nochmal zum Supermarkt und kaufen Wasser (vier Sixpacks) und
eine Flasche Rum (zum Opfern: jedes Crewmitglied trinkt einen
Schluck und gießt einen Schluck ins Wasser). Danach machen wir das
Schiff klar, tauschen die Achterleinen aus und legen sie auf Slip, entfernen
die Bändsel von Baum und Großsegel, fetten die Mastrutscher
ein, ziehen das Segel hoch und bauen die Selbstwende-Rollfock auf. Basti
öffnet den Motor und zeigt uns alle Teile, und macht später
eine detaillierte Einweisung in die Benutzung des Ankers. Gegen Mittag
fahren wir dann hinaus. In der Bucht Uvala Soline ankern wir
und schwimmen etwas, mit Flossen und Taucherbrille versuche ich, zum Anker
hinunterzutauchen (ca. 7 m), legen uns in die Sonne und hören
Musik. Gegen drei Uhr nachmittags fahren wir raus und hoffen auf etwas
Wind, und segeln vor der Küste hin und her. Die Fock rollen wir gleich
wieder weg und installieren die große Toppgenua (die wir am Spifall
vor dem Vorstag nach oben ziehen); so müssen wir zwar bei jeder Wende
die Genua erst wegrollen, bevor wir wenden und sie auf der anderen Seite
wieder ausrollen können, dafür machen wir einigermaßen
Fahrt, bis zu dreieinhalb Knoten. Die meisten anderen Yachten fahren mit
Motor. Basti
versucht zu angeln, aber die Fische haben keinen Bock, und so lässt
er es bald wieder sein. Bald danach packen wir die Segel weg und fahren
unter Motor zurück in den Hafen, wo wir gegen sechs Uhr festmachen.
Jetzt ist schon langsam Zeit fürs Abendessen, und wir machen Spaghetti
Carbonara. Währenddessen nervt uns die Wasserpumpe, die inzwischen
nicht nur einen Wackelkontakt hat, sondern offenbar berechnend bösartig
ist. Die Spaghetti werden perfekt, bei der Carbonara-Sauce erwischen wir
etwas zu viel Wasser, so dass es mehr eine Suppe wird, aber trotzdem gut.
Nach dem Essen versucht Basti, die Pumpe zu reparieren; scheinbar ist
der Wasserdruck-Schalter defekt, wir hoffen, dass wir ihn bald austauschen
können.
Am Abend vertreiben wir uns die Zeit am Computer, und Michael versucht
sich am GPS, das er an den Laptop mit den digitalen Seekarten gekoppelt
hat.
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Samstag, 16.09.2000
Heute
reisen Renate und Richard, Michaels Eltern, an; sie sind über Nacht
mit einem Fernreisebus gefahren. Kurz nach dem Frühstück rufen
sie uns an, dass sie in Pula angekommen sind und in der Nähe des
Kolosseums sind. Weil die Übergabe ihres Schiffs erst für den
Nachmittag geplant ist, können wir uns vorher noch treffen; Michael
und ich fahren mit dem Auto nach Pula und holen sie ab. Dann fahren wir
gemeinsam mit dem Schiff hinaus. Vor Veruda segeln wir ein bisschen herum,
danach ankern wir noch in der Bucht Uvala Soline zum Baden, und gegen
vier müssen sie zurück zum Hafen von Pula zur Schiffsübergabe.
Bis zum Abendessen vertreiben wir uns die Zeit, Basti repariert die defekte
Pumpe. Er bekommt vom Vercharterer nebenan günstig eine Ersatzpumpe;
weil die Bauform etwas anders als bei der alten Pumpe ist, entschließt
er sich, die Pumpe auf Holzklötzchen zu schrauben, die mit Epoxydharz
auf den Rumpf geklebt werden. Um Holzklötzchen zu erhalten, opfern
wir ein Küchenbrett. Dann holen uns Renate und Richard ab (sie hatten
vorher das Auto mitgenommen), und zusammen mit der restlichen Crew von
David, dem Schiff, das Renate und Richard gechartert haben,
gehen wir in ein nettes kleines Restaurant ganz in der Nähe des Kolosseums
essen.
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Sonntag, 17.09.2000
Heute
scheint das Wetter berechenbarer zu sein, die Vorhersagen sind nicht schlecht,
wir wollen endlich über den Kvarner, die große Bucht südlich
von Istrien, die im Norden praktisch keine Inseln hat, fahren. Gegen den
Südostwind müssen wir ankreuzen, hinter dem Leuchtturm Porer
stellt sich eine ganz ekelhafte Welle ein, bei der das Schiff unangenehm
schlingert, und bald darauf schläft auch noch der Wind ein. Das bringt
nichts, das macht auch nicht sonderlich Spaß, wir drehen um (nach
etwa 1/3 des Wegs) und fahren unter Motor in die Bucht von Medulin, in
den Hafen von Pomer. Diese Bucht ist ziemlich zergliedert und faszinierend,
aber nicht ganz ungefährlich mit ihren Untiefen. Von außen
sieht man gar nicht, wo man hineinfahren muss; von zwei großen,
ganz flachen Felseninseln an der Einfahrt sollte man sich lieber gut freihalten,
Basti wirkt einigermaßen angespannt, als ich zwischen den Inseln
durchsteuere und manchmal einen etwas zu direkten Kurs fahre. An der Außenseite
der Bucht sind, wie gesagt, drei flache Felseninseln, bei Medulin, einer
Stadt auf der Ostseite, erkennbar an ihrer Kirche mit zwei Türmen,
ragt eine Halbinsel mit Campingplatz weit in die Bucht hinein, so dass
nach dem Hafenhandbuch diese Durchfahrt bei ungünstigem Wind unpassierbar
sein kann. Dahinter teilt sich die Bucht in mehrere kleine Buchten auf,
die aber meist ungeeignet für Segelyachten sind (wie z.B. der Hafen
von Medulin). Der einzige größere Hafen ist die ACI-Marina
Pomer, die hinter einem Inselchen liegt, das man auf der Ostseite umfahren
muss, weil auf der Westseite Holzpfähle aus dem Wasser ragen. An
der Außenmole legen wir an.
Heute Abend soll es Pizza zum Essen geben, aber wir brauchen noch Käse.
Ich
hole mein Brompton aus der Backskiste, und radle los. Pomer ist ein winziger
Ort, halb am Berg gelegen, und natürlich hat kein Supermarkt offen,
Sonntag abends. Ich fahre etwas herum, fotografiere die Kirche, die Straße
zum Hafen, und entscheide mich schließlich, in Nachbarorten zu suchen.
Auf der Straße nach Pula biege ich zuerst nach Banjole ab, ein etwas
zersiedelter Ort, der sich bis hinunter ans Meer, einer Bucht auf der
anderen Seite der Premantura-Halbinsel, erstreckt. Dort am Hafen basteln
ein paar Fischer an ihren Netzen herum, ich fotografiere, aber kein Supermarkt
weit und breit. Naja, dann eben nach Pula, warum auch nicht. Über
die leicht kurvige und hügelige Straße bin ich schnell im Süden
der Stadt, ich will den Wegweisern nach Veruda folgen, aber biege einmal
falsch ab; es geht ein ganzes Stück bergauf in ein Wohnblock-Viertel,
und dann ebenfalls schnurgerade hinunter Richtung Altstadt, ich komme
bei der großen Werft an. Von dort aus fahre ich Richtung Kolosseum
und biege dann in die Altstadt ein: Fußgängerzone, viele Leute
sind unterwegs oder sitzen in Cafés und Restaurants, ich steige
ab und schiebe. Durch einen römischen Triumphbogen komme ich auf
einen großen Platz mit vielen Bäumen, aus deren Ästen
faszinierende Geräusche von hunderten von Tieren, Vögeln oder
Insekten (erkennen kann ich das in der Dämmerung nicht) kommen. Aber
ich muss weiter, noch immer kein Supermarkt, der geöffnet ist. Ich
fahre in die Marina Veruda. Aber selbst dort hat das Geschäft geschlossen.
Dann halt nicht. Auf der Westseite fahre ich wieder heraus, durch die
Feriensiedlung Veruda, und bin kurz darauf wieder auf der Straße
nach Pomer. Unterwegs muss ich noch einer alten Frau, die kein Deutsch
versteht und offenbar schlecht sieht, die Uhrzeit sagen (mit Zeichensprache
geht es doch irgendwie), und kurz danach bin ich zurück am Schiff.
Basti ist nicht so begeistert von meinem langen Ausflug, mit dem Auftrag,
einfach nur Käse für die Pizza zu kaufen, war ich über
zwei Stunden unterwegs und bin 33 Kilometer gefahren. Aber lustig war's.
Zum Abendessen gibt es stattdessen Farfalle. Ansonsten gibt es nur noch
zu erwähnen, dass in der Nacht ein Gewitter aufzieht, und Basti uns
deshalb zweimal weckt, um die Mooring fester zu ziehen, aber zum Glück
zieht das Gewitter vorbei, man sieht nur das Wetterleuchten.
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Montag, 18.09.2000
Heute
geht es tatsächlich über den Kvarner. Es gibt mehr Wind und
weniger Wellen, und wir segeln, was will man mehr außer vielleicht
blauen Himmel und strahlenden Sonnenschein. Als wir in die Nähe des
Leuchtturms Galijola kommen, ziehen dunkle Gewitterwolken auf, die schnell
näher kommen. Überall hinter uns blitzt und donnert es. Aber
wir glauben, dem Gewitter zu entkommen. Wir funken mit David
und sagen ihnen, dass wir bei Galijola sind und nach Osor wollen, und
erfahren von ihnen, dass sie ebenfalls beim Leuchtturm sind und nach Mali
Loinj möchten. (Offensichtlich waren sie aber erst beim Leuchtturm
Porer.) Es beginnt zu regnen. Die durch die Regentropfen kraterübersäte
Oberfläche der Wellen sieht zwar wirklich cool aus, aber zum Steuern
ist es nicht so angenehm. Wenigstens hat uns das
Gewitter nicht erwischt. Michael meint, es wäre doch cool, wenn man
einen Blitz beobachten könnte, wie er direkt neben dem Schiff ins
Wasser einschlägt und nur wenige Sekunden danach kracht es
in einer unüberhörbaren Lautstärke. Dieser Blitz muss wirklich
ganz nah gewesen sein. Einigermaßen geschockt legen wir den
Hebel auf den Tisch und fahren unter Motor dem Gewitter davon. Immer
wieder zucken Blitze, und zwar in allen Richtungen rund um uns herum.
Weil der Wind uns genau entgegenkommt, hatten wir das ursprüngliche
Ziel Unije aufgegeben und sind mit Hilfe der eisernen Genua
(Motor) Richtung Loinj gefahren, nach dem Gewitter-Erlebnis fahren
wir gleich weiter bis nach Mali Loinj, wo wir in der Marina anlegen.
Loinj, das ist eine größere, längliche Insel, die,
wie die anderen Inseln dort auch, bergig und stark zergliedert ist. Etwa
in der Mitte hat sie in Längsrichtung einen breiten Kanal, wie eine
Lagune, an dessen Südende die Stadt Mali Loinj liegt, die größte
Stadt der Insel. An der Ostseite, bei der Marina [wo wir sind], verbindet
ein schmaler Durchstich mit einer Drehbrücke den Kanal mit dem Meer
im Osten. Dort ist man in der Marina perfekt geschützt bei Bora,
weil in Nordostrichtung Land ist, und sich bei allen anderen Windrichtungen
immerhin kaum Wellen in Querrichtung in diesem nur wenige hundert Meter
breiten Kanal aufschaukeln ganz im Gegensatz zum Stadthafen von
Mali Loinj, der nach Nordosten geöffnet ist und der Bora Angriffsfläche
und den Wellen eine wesentlich längere Anlaufstrecke in Längsrichtung
des Kanals bietet.
Endlich angekommen. Kurz
darauf legt neben uns ein weiteres Schiff an. Obwohl einige Leute an Bord
sind, läuft das Anlegemanöver nicht so glatt ab, als die Leinen
belegt sind, wird schließlich der Motor abgewürgt. Die Mooring
ist in den Propeller geraten, Basti und später auch ich ziehen Tauchausrüstung
an und helfen ihnen, die Leine wieder rauszuwickeln.
Irgendwann taucht dann auch die David auf. Eigentlich wollten
wir ihnen schon vorher über Funk sagen, dass wir in Mali Loinj
statt in Osor liegen, und wir uns treffen können, aber niemand reagiert.
Auch über Handy sind sie nicht erreichbar. (Wie wir später erfahren,
ist bei ihnen der Motor, wenn er läuft, so laut, dass niemand das
Funkgerät hört, und beim Handy war der Akku leer.) So sehen
wir sie, nur ein paar hundert Meter weit weg, vorbeifahren, Basti holt
die Signalhupe, und wir winken, aber niemand reagiert. (Gehört haben
sie es sehr wohl, nur ist niemand auf die Idee gekommen, dass wir es sein
könnten.) Ich hole mein Brompton aus der Backskiste und radle hinüber
in den Stadthafen, und empfange sie am Steg. Dann kaufe ich Pizzakäse
(wenigstens heute...) und fahre zurück zum Boot. Basti macht Pizza,
Richard kommt zu Besuch, und wir essen gemeinsam. Danach gehen wir gemeinsam
in die Stadt, wo wir zusammen mit Renate in ein Café gehen.
Basti ist sehr nervös, weil immer wieder am Horizont ein Wetterleuchten
zu sehen ist; er kippt seine Cola hastig hinunter, und läuft los,
zurück zum Schiff. Genau in diesem Moment kommt ein Regenschauer,
der aber sofort wieder vorbei ist. Michael und ich essen unser Eis noch
in Ruhe auf, und machen uns dann auch auf den Weg zurück in die Marina,
bei leichtem Nieselregen; gerade noch rechtzeitig, denn als wir den Steg
betreten, fallen die Straßenlampen plötzlich aus, und Sekunden
später, als wir auf dem Boot sind, geht ein Wolkenbruch nieder. Glück
gehabt.
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Dienstag, 19.09.2000
Wir
fahren gemeinsam mit David hinaus, nachdem wir aus der Insel
herausgefahren sind, setzen wir Segel. Jetzt passiert es, jetzt kommt
es zum Duell, wir wollen sie versegeln. Wir ziehen gleich mal die große
Toppgenua hoch, sie sollen keine Chance haben. Die David-Crew
staunt über die Technik, die Genua direkt aus der Bugkoje durch die
Luke nach oben ziehen zu können. Aber der Wind ist doch etwas stark,
unser Mast biegt sich, das geht zu sehr aufs Material. Wir rollen die
Genua wieder ein und holen sie runter, und rollen die Selbstwendefock
aus. Nicht ganz optimal, denn David hat mit ihrer großen
Genua mehr Segelfläche, und das Schiff ist außerdem länger.
Aber unsere Sorgen sind unbegründet, es dauert zuerst schon einige
Minuten, bis sie Segel gesetzt haben, und dann fahren wir ihnen spielend
davon. Wir fahren deutlich schneller und laufen deutlich mehr Höhe,
bald sind sie außer Sicht. Bald darauf sind wir schon in Ilovik,
genauer gesagt im Kanal zwischen den Inseln Ilovik und Sveti Petar, wo
wir an einer Boje festmachen. Irgendwann kommt dann auch David
nach. Und ich will die Inseln besichtigen, also grabe
ich in der Backskiste nach dem Gummiadler (Schlauchboot), und gemeinsam
pumpen wir es auf. Zuerst rudern wir zur David rüber,
zu einem kleinen Anlegeschluck, und Basti gibt noch ein paar Tuning-Tipps,
z.B. mehr Spannung im Achterstag und Benutzung des Baumniederholers. Zurück
an unserem Schiff schwimmen wir noch ein bisschen, und dann schnappe ich
mir das Boot und rudere nach Ilovik rüber, zum Fotografieren (die
Kamera transportiere ich in der wasserdichten Peli-Box). Diese
Insel mit dem kleinen Ort ist, wie so viele andere Inseln, kreuz und quer
von Steinmauern durchzogen, und in alle Richtungen gibt es Fußwege,
meist entlang der Mauern. Ich würde etwas wandern, oder noch besser,
mit dem Fahrrad (von wegen, hier gibt es nur wenige hundert Meter Straße,
wie Basti meinte: soweit ich das sehen kann, sind die meisten dieser Wege
Fahrrad-geeignet), aber bald geht die Sonne unter, dann will ich wieder
zurück auf dem Schiff sein. Auch im Ort gibt es keine richtigen Straßen,
und auch keine Autos. Die einzigen motorisierten Gefährte sind Mini-Traktoren,
die im Prinzip aus einem Balkenmäher (ohne Mähbalken) und einem
Anhänger mit Sitz über der Deichsel bestehen. Das macht die
Insel auch irgendwie idyllisch, statt breiter Straßen nur niedliche,
schmale, gepflegte Wege.
Weil der Wind beim Rudern für Abdrift sorgt, will ich in Richtung
David steuern. Irgendwann fällt mir auf, dass das Schiff
mit den hohen
Aufbauten, das neben David lag, irgendwie nicht mehr dort
liegt, daneben ist zumindest ein Platz frei. Weil ich mich aber nur immer
kurz umschaue, denke ich mir nichts dabei. In Wahrheit war Folgendes passiert:
Auf der David hatte Renate das Seeventil öffnen wollen,
und hatte das Ventil plötzlich in der Hand, und ein Wasserstrahl
schoss ins Innere. Sofort versucht sie, es zu verschließen (erwischt
als erstes eine Kartoffel als Stöpsel), genau dann kommen zum Glück
Klaus und Holger zurück, mit einem Motorboot, das sie sich von einem
Nachbarschiff geliehen hatten, und mit dem sie nach Ilovik zum Essen fahren
wollten. Jemand von einem Nachbarschiff hatte Holzstöpsel, mit denen
das Leck vorerst abgedichtet werden kann. Dann machen sie sich gleich
auf den Weg nach Mali Loinj, weil es dort eine Werft gibt, zwei
Leute müssen den Stöpsel bewachen, während die anderen
sich um die Navigation bei Nacht kümmeren, und sich um das Echolot
sorgen, das scheinbar gelegentliche Ausfälle hat. Die ganze Nacht
lang bewachen sie das Seeventil, und lassen ihr Schiff am nächsten
Morgen herauskranen und reparieren.
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Mittwoch, 20.09.2000
Über
Nacht hat der Wind deutlich zugenommen; während ich gestern mit nur
leichter
Abdrift hinüber rudern konnte, ist jetzt nicht mehr daran zu denken.
Der Wind kommt direkt aus Südost, das ist genau die Richtung, in
der die ganzen anderen Inseln liegen. Der Funkwetterbericht sagt, es seien
30 bis 40 Knoten Wind da muss man nicht unbedingt dagegen ankreuzen,
viele Meilen weit. Basti will umdrehen, wir machen nur ein ganz kurzes
Frühstück und brechen auf, das Geschirr bleibt in der Spüle
stehen. Wir fahren gegen 9 Uhr mit Raumwindkurs zurück nach Mali
Loinj; nur mit Fock unterwegs kommen wir flott voran, Basti steht
am Ruder, hoher Wellengang macht das ganze spektakulär, wir surfen
mit bis zu neun Knoten die Wellen hinunter. Das Anlegen in Mali Loinj
ist etwas trickreich mit Seitenwind, der Buganleger klappt aber ganz gut.
Nebenan auf dem Werftgelände hängt die David
am Kran; es ist zwar sehr windig, aber trotzdem ein ruhiger Liegeplatz.
Die David-Crew bevorzugt aber eher den Stadthafen und fährt
dorthin, nachdem sie wieder zu Wasser gelassen wurden; dabei sorgt Holger,
der im Dinghi rausrudert und von den anderen in Fahrt an Bord genommen
wird, für ein spektakuläres Manöver. Wir alle sind sehr
müde, und bald hat sich jeder irgendwo hin verzogen und ist eingeschlafen.
Nachmittags gibt es nichts zu tun, wir hängen herum, gehen duschen.
Ich packe das Brompton aus (das Viech, wie Basti es nennt),
und radle los. Die Straße steigt ziemlich stark an und führt
hinten um die Stadt herum, ich folge der Abzweigung nach links nach Veli
Loinj. Die Straße schlängelt sich oberhalb der Küste
entlang nach Süden, bergauf und bergab, und der Gegenwind macht mir
zu schaffen. Ich komme an einem großen Hotel vorbei, und ein Stück
weiter liegt dann der Ort. Geradeaus
liegt schon wieder ein Hotel, aber in das Zentrum führt ein Fußweg
(Fußgängerzone). Eine steile Straße, aus
Steinplatten, die an manchen Stellen richtig blankpoliert sind, führt
hinunter, und öffnet sich ganz unerwartet zum Hafen hin. Der Hafen
ist sehr klein und schmal, überhaupt liegt das ganze Städtchen
in einem engen Tal; auch von See liegt der Ort gut versteckt. Wirklich
nett. Auf der Rückfahrt nach Mali Loinj funke ich die Mama-Mia
an, und fahre dann weiter nach oben auf den Berg (sehr steile Serpentinen!).
Von irgendwo hier muss es doch eine geniale Sicht auf den Hafen geben,
aber nein dieser Hafen scheint nicht von Land aus fotografierbar
zu sein. Weiter geht es über eine enge Straße, die von oben
vom Berg bis hinunter zum Hafen führt. Ich besuche schnell
noch die David, wo mir Renate und Richard entgegenkommen und
ankündigen, dass sie uns besuchen wollen. Ich kaufe schnell noch
Brot, Butter und Limo, kämpfe mich durch die Menschenmassen (am Hafen
tobt das Hafenfest, mit einer Bühne, Band, diversen Aufführungen,
Musikkapellen), und radle zurück zum Schiff. Wir unterhalten uns
etwas mit Renate und Richard, und Michael macht ein leckeres Essen (Reis
mit Erbsen, Mais und Knoblauch). Wir gehen dann doch nicht mehr in die
Stadt zum Stadtfest, sondern sitzen fett und faul auf dem Boot und unterhalten
uns. Zwischendurch schauen wir uns das Feuerwerk an, das von uns aus gesehen
hinter dem Schwimmdock steigt. Wow extra zu meinem Geburtstag!
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Donnerstag, 21.09.2000
Gegen
halb acht stehen wir auf und entscheiden kurzfristig, dass es sich lohnen
würde, durch den Privlaka-Kanal zu fahren. Die Drehbrücke öffnet
sich um neun Uhr, eine Viertelstunde vorher legen wir ab (unsere Marina
ist direkt neben der Brücke), und drehen Kreise. Mit guten zehn Minuten
Verspätung öffnet sich das Gerät, und Basti steuert das
Schiff durch; wie er sagt, mit einem bescheuerten Gefühl,
weil der Kanal zwar nur ca. 80m lang ist, aber sehr schmal. Es ist wenig
Wind, und wir motoren erst einmal gut heraus, bis wir Segel setzen, und
fahren mit Südwestwind an der Ostseite von Loinj und Ilovik
vorbei, während
Michael und ich ein paar Brote machen; dann geht es mit etwas Welle hinüber
nach Ist (Michael am Ruder), und im Westen der Insel vorbei (dann unter
Motor), wo einige Inseln und Untiefen für einen voll konzentrierten
Skipper sorgen, der mit meinem optimierenden Kurs nicht ganz einverstanden
ist wenn der Motor ausfällt, könnte der Wind uns schnell
gegen das Land drücken. Zwischen den Keksen (= Inseln)
durch geht es um die Südspitze, und hinein in die Bucht zum Ort Ist.
Der Anleger mit Seitenwind aus Nordwest ist etwas trickreich, klappt aber
recht gut. Als wir die Gangway legen wollen, kommen einige heftige Windstöße,
wir räumen sie wieder weg, und die dunklen Wolken bringen etwas Regen.
Wir sind wieder einmal genau rechtzeitig dran. Wir machen uns eine Suppe,
und erfahren über Funk von David, dass
sie das Unwetter im Kanal von Ilovik abwarten, bevor sie weiterfahren.
Gegen 16 Uhr machen wir uns auf in den Ort und hinauf auf den 174 Meter
hohen Berg mit der Kapelle oben. Der Weg ist anfangs noch fahrradtauglich,
wird aber zunehmend steiler und gröber geschottert, bald sind wir
oben, und genießen die schöne Aussicht auf den Ort, den Hafen
und den Rest der Insel. Nach Süden sieht man die Durchfahrt Prolaz
Zapuntel und dahinter die Insel Molat, und weiter in der Ferne andere
Inseln. Die Kapelle ist leider zugesperrt, nur außen herum stehen
einige Kirchenbänke im Freien, vielleicht wird gerade renoviert?
Einige
Meter entfernt ist ein Seezeichen mit einer sehr zerfetzten Fahne, das
wir auch noch anschauen. Beim Abstieg diskutieren Basti und Michael über
die erstaunlichen Parallelen zwischen Segeln und Bergsteigen (bei beidem
braucht man dringend einen Wetterbericht, beides erfordert Ausdauer, bei
beidem kann man vor kritischen Situationen nicht einfach weglaufen uvm...),
und als wir zurück auf dem Boot sind, meldet sich David
per Funk, dass sie gerade in die Bucht hineinfahren und in einigen Minuten
da sein werden. Wir kommen zu einem kleinen Anlegeschluck zu ihnen an
Bord, und dann besichtigen sie unser Boot: Holger ist von der Möglichkeit,
die
Segel aus der Bugkabine direkt durch die Luke nach oben hinausreichen
zu können, begeistert, und Erika findet die Raumeinteilung genial.
Danach gehen Michaels Eltern auf den Berg. Von Westen nähern sich
dunkle Gewitterwolken, und genau dann fällt der David-Crew
ein, dass sie die Leinen fester ziehen sollten. Wir sitzen unter dem Sprayhood,
beobachten die Wolken und zählen einen Countdown, wann sie nass werden.
Pünktlich setzt der Schauer ein, und sie arbeiten fleißig und
komplett durchnässt auf Deck. Renate und Richard wurden auch vom
Regen erwischt und kommen recht feucht unten an. Abends gehen wir zusammen
essen; es dauert zwar lange, bis das Essen kommt, schmeckt aber sehr gut.
Der Fernseher im Restaurant zeigt eine Fernsehübertragung von den
olympischen Spielen; faszinierend, von Olympia
haben wir hier unten gar nichts mitgekriegt. Zurück auf dem Schiff
kann man einen genialen Sternenhimmel bewundern, aber es ist auch ziemlich
kalt.
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Freitag, 22.09.2000
Wir
motoren aus dem Hafen hinaus und setzen dann gleich Segel.
Michael steuert mit einem Halbwindkurs nach Süden und auf der Ostseite
von Dugi Otok vorbei, und die leichte Bora sorgt dafür, dass wir
gut vorankommen. Unterwegs sehen wir einen U-Boot-Bunker (wird nicht mehr
verwendet, hätten wir keinen so hohen Mast, dann wäre das ein
schöner, schattiger Liegeplatz: von der Breite und Tiefe reicht es
locker, und der Bunker ist so lang, dass einige Schiffe hintereinander
reinpassen). Irgendwann übernehme ich das Steuer, und wir fahren
weiterhin flott an der endlos langen Insel Dugi Otok entlang. Wir machen
zwar ganz schön Fahrt, aber bis zum übernächsten Etappenziel,
ut,
ist es noch sehr weit also fahren wir nach Brbinj. Dieser Ort liegt
zwischen zwei Buchten, wir fahren in die südliche, die so versteckt
liegt, dass man sie eigentlich erst sieht, wenn man drinnen ist. Dort
machen wir an einer Boje fest und warten auf David. Das Wasser
ist kristallklar, der Grund schimmert türkis, und viele Fische sind
zu sehen, traumhaft. Wir schwimmen und tauchen, dann kommt David.
Sie fahren vorwärts an die Boje hin, legen mit dem Bug an, drehen
mit der Landleine das Schiff, ziehen sich nach hinten und belegen diese
Leine am Heck. Basti möchte angeln, aber irgendwie will kein Fisch
anbeißen, überhaupt: die
großen Fische sind unten und schauen nur gelegentlich vorbei, während
die kleinen in Schwärmen weiter oben vorbeiziehen und den Köder
vom Angelhaken wegfressen, bevor er nach unten gesunken ist. Wir suchen
nach Auswegen: mit Fleisch können die Fische nichts anfangen, Michael
wirft ein Stückchen Geräuchertes hinein: Da kriegen die
die kalte Panik und hauen ab.. Basti und ich machen uns währenddessen
daran, mit einer Brötchenbackmischung Semmeln zu backen; der Teig
wirkt auf die kleinen Fische sehr anziehend. Michael: Aha... vielleicht
sollten wir da ein ganzes Pumpernickel runterkranen! Mit Kekskrümeln
und einem Kescher wird schließlich ein kleiner Fisch gefangen und
als Köder an die Angel gehängt. Sofort beißt ein großer,
schlanker Fisch an. Wir
wissen nicht, was wir mit dem Tier machen sollen, Klaus erklärt uns,
dass das ein Hornhecht sei, der außer Gräten nicht viel zu
bieten habe, und so lassen wir ihn wieder frei. Dann sind auch schon unsere
Semmeln (mit eingebackenen Schinkenwürfeln) fertig, wir essen sie
warm mit Butter lecker! Abends machen Michael und Basti und die
David-Crew einen Landgang (einkaufen bzw. essen gehen), mit
dem Gummiadler von David ziehen sie sich an der Landleine
an Land. Danach sitzen wir zusammen draußen unter dem prächtigen
Sternenhimmel, unterhalten uns, und essen eine Crème Stracciatella.
Irgendwann dann kommen die David-Leute zurück, Basti
muss sie mit dem Boot abholen. Basti zeigt uns Leuchtbakterien im Wasser,
und entdeckt in der Bilge unseres Schiffs eine lebendige Krabbe, immerhin
knapp 10 cm groß und erlegt sie mit dem Messer.
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Samstag, 23.09.2000
Das
klare Wasser muss man ausnutzen: wir gehen noch einmal baden, mit Schnorchel
und Flossen machen wir Unterwasseraufnahmen, gegenseitig von uns, vom
Boot, von den Pflanzen usw. aber nicht zu lange, das Wasser ist
ziemlich kühl, die Sonne greift noch nicht so ganz. Währenddessen
legt David ab, wir folgen
erst eine Weile später. Am Horizont sehen wir David motoren,
wir versuchen zu segeln, aber der Wind schläft immer mehr ein. Zuerst
fahren wir noch gut drei Knoten, bei knapp zwei Knoten schalten wir den
Diesel ein. Bei der Insel Krknata ankern wir, warten auf besseren Wind
und braten in der Sonne. David schreibt uns per SMS, dass
sie in Mir in der Telacica-Bucht (im Süden von Dugi Otok) liegen,
den Salzsee anschauen und dann nach ut weiterfahren werden. Um zwei
Uhr wollen wir weiterfahren, zwanzig vor zwei fahren wir los (Basti: Ich
definiere, dass es zwei ist.); anfangs kreuzen wir vor dem Wind
mit Toppgenua, und rollen diese dann ganz weg, der Wind reicht für
normale Segelstellung. Unter Segeln geht es weiter nach ut. Die
Marina liegt geschützt in einer Bucht, mit einem endlos langen Steg
mit über 100 Liegeplätzen. Michael darf den Anleger (mit sehr
häufigen Eingriffen von Basti) fahren, und es klappt ziemlich gut.
Außer uns sind nur eine handvoll weiterer Boote da, Basti sagt,
im Sommer sei die Marina gewöhnlich voll.
Wir
steigen auf den 163 m hohen Berg hinter der Marina, der nur mit vereinzelten
Büschen und schütterem Gras bewachsen ist. Oben haben Touristen
aus Steinen Türme gebaut, und man hat vor allem eine hervorragende
Aussicht: auf die Insel Kornat, die direkt südöstlich von ut
liegt, auf die zig kahlen Inselchen, die zum Nationalpark Kornati gehören,
den Süden von Dugi Otok, die Telacica-Bucht und die Inseln
im Osten. Unten vor der Insel sehen wir die David kommen,
und machen uns an den Abstieg, um deren Anlegemanöver nicht zu verpassen.
Sie nehmen die Segel herunter und versuchen sich dann bei Seitenwind an
einem Heckanleger. Er entwickelt sich zu einer ziemlichen Fender-Orgie,
weil das Schiff zu langsam fährt und
zu früh aufgestoppt wird, so dass der Wind den Bug zur Seite wegdrückt.
Außerdem sind Leinen und die Mooring nicht schnell genug fertig,
so dass der Anleger noch zweimal wiederholt werden muss, wobei von unserem
Schiff und einem Nachbarschiff die Moorings kurz losgeworfen werden müssen,
damit sie sich nicht im Propeller der David verfangen. Trotz
aller Bemühungen reißt eine der dünnen Leinen, mit denen
man die Moorings vom Steg aus aufs Schiff holen kann.
Zum Abendessen machen wir uns Spaghetti, zu der Basti eine etwas abenteuerliche
Tomaten-Käse-Fleischsauce mit Zwiebel und Knoblauch zusammenrührt,
die aber gut schmeckt.
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Sonntag, 24.09.2000
Im
Morgenlicht fotografiere ich noch ein bisschen herum und steige noch einmal
auf den Berg. Zum Frühstück fehlt uns schon wieder Brot, und
hier auf der Insel gibt es auch keines zu kaufen, der Laden hat nur Zwieback.
Egal, dann frühstücken wir eben mit Zwieback. Beim Bezahlen
des Liegeplatzes kaufen wir noch Postkarten und Briefmarken, und machen
uns langsam bereit für die Abfahrt. Wir segeln aus der Bucht hinaus,
bald folgt David, und wir fahren dicht zu ihnen hin. Basti
steht am Ruder und macht ein paar nette Segelmanöver: er zwingt sie
zum Ausweichen, nimmt ihnen den Wind, umrundet sie dann und zieht wieder
an ihnen vorbei (obwohl unsere Fock bei diesem geringen Wind weniger Fahrt
bringen sollte als ihre
riesige Genua). Wir fahren ein Stück Amwindkurs, zwischen den Inseln
Sit und Scitna durch, und fallen dann wieder auf Vorwindkurs ab, um in
die Bucht Zincena am Südende von Pasman zu gelangen. David
fährt die direkte Strecke, die Basti vermeiden wollte, weil dort
eine gefährliche Untiefe ist. Obwohl wir einen deutlich längeren
Weg hatten und David bei schwachem Wind mit der großen
Genua im Vorteil ist, überholen wir sie vor der Einfahrt in die Bucht,
werfen unseren Anker (mit viel Kette) und beobachten David.
Sie fahren zu ihrem Ankerplatz, stoppen auf, und brauchen viel zu lange,
bis der Anker fällt, so dass der Bug vom Wind weggedreht wird. Beim
Einfahren des Ankers behalten sie diese Richtung bei, was natürlich
ungünstig ist, weil das Boot am Anker in Windrichtung schwoit: dann
kann der Anker leichter rausgedreht werden,
wenn er nicht gegen die Windrichtung liegt. Aber nach kurzer Zeit bemerken
wir, dass David immer weiter wegtreibt, und bald danach werfen
sie den Motor an und ankern ein zweites Mal. Sicherlich war die Kette
viel zu kurz.
Das Wasser hier ist ziemlich kühl, ich gehe trotzdem schwimmen, schnorchle
zu David hinüber und kontrolliere den Anker, jetzt hält
er. Zurück am Boot halten wir uns nicht mehr weiter auf, sondern
fahren gleich los vor uns liegt ein langer Schlag mit Kreuzen.
Der Wind ist fein, wir kreuzen mit durchschnittlich 5 kt bis I
Mali auf, und dieseln dann nach I Veli rein. David kommt
bald nach. Abends gehen wir zusammen essen: im Restaurant gibt es riesige
und exzellente Rumpsteaks, die auf dem Grill neben uns zubereitet werden
lecker!!!
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Montag, 25.09.2000
Um
acht Uhr gehen wir Brot holen; in diesem Brot-Kiosk gibt es zwar nur Weißbrot,
das aber sehr frisch und gut ist, endlich, seit Tagen wieder einmal frisches
Brot. Nach dem Frühstück gehen Michael und ich noch in den Supermarkt
und kaufen verschiedene Dinge, die wir unter anderem heute Abend zum Crêpes-machen
brauchen werden. Dann geht es auch schon los; wir haben einen langen Schlag
vor uns, es ist keine Zeit mehr für mich, die Insel mit dem Brompton
zu erkunden. Mit Motor geht es aus dem Hafen heraus, an I entlang,
durch den Rivanjski-Kanal (wo eine Strömung mit ca. 2 kt herrscht,
danach ist das Wasser absolut glatt) und an Sestrunj entlang. Dann setzen
wir Segel, und fahren an Molat
vorbei; der Wind dreht und flaut zeitweise ab (dann wird der Diesel zur
Hilfe genommen), und wir kreuzen bis kurz vor Silba. Mit Motor geht es
in den Hafen, und wir legen mit dem Bug voraus an, da das Wasser am Steg
recht flach ist. Kurz danach kommt David ziemlich schwungvoll
in den Hafen und legt an. Weil bei uns heute der elektronische Windmesser
ausgefallen ist, lässt Basti sich mit einem Bootsmannsstuhl in das
Masttopp hinaufkranen, und sprüht alles mit einem Teflonspray ein.
Danach hole ich mein Brompton aus der Backskiste, und drehe eine Runde
über die Insel. Basti meint, hier gebe es nur vierhundert Meter Straße,
vom Osthafen durch den Ort zum Westhafen auf der anderen Seite der Insel,
aber es gibt in alle Richtungen schmale, betonierte Wege, auf denen es
sich ausgezeichnet fährt; insgesamt schaffe ich etwa
elf Kilometer! Zurück am Schiff machen wir Crêpes: Mehl, Eier,
Milch, Zucker, etwas Salz, Butter und etwas Rum ergibt den Teig, und auf
dem Gasherd sind die Dinge praktisch so schnell gebacken, wie man sie
wegfuttern kann.
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Dienstag, 26.09.2000
Zum
Frühstück gibt es Rührei, danach halten wir uns nicht lange
auf und legen ab, denn bis Rab (Kurs: fast exakt nach Norden) ist es ein
weites Stück, zumindest wenn der Wind nicht stimmt und man kreuzen
muss. Anfangs ist überraschend guter Wind, so dass wir mit bis zu
sechs Knoten gut vorankommen (mit Fock, ohne Reff). Aber bald wird der
Wind schwächer; es reicht aber aus, das Wort Toppgenua
nur zu erwähnen, und der Wind frischt wieder kurz auf, scheinbar
provoziert man so den Windgott. Aber es hilft alles nichts, das Schiff
wird wieder langsamer, wir setzen dann doch die Toppgenua, und als wir
schließlich nur noch einen Knoten Fahrt machen, wird der Diesel
angeworfen. Nach einer Weile kann man wieder segeln, und kurz sogar mit
normaler Fock; hoch am Wind geht es an der Nordspitze von Pag vorbei,
und nachmittags gegen halb drei sind wir bereits in Rab.
Was macht denn David? Bis gegen Mittag hatten sie den Hafen
noch nicht verlassen, und kurz bevor wir Rab erreichten, erfuhren wir
per Funk von ihren Problemen: zuerst hatte sich beim Ablegen die Mooring
unbemerkt über die Leine zum Dinghi gelegt, so dass sie in den Propeller
geraten konnte (ein klassischer Anfängerfehler, wie Basti meint);
ein Nachbar half ihnen beim Tauchen und Herausholen der Mooring. Dann
kurz hinter dem Hafen das nächste Problem: der Motor fiel aus, so
dass sie vor dem Hafen vor Anker lagen. Die Ursache war Treibstoffmangel;
als sie das Schiff übernommen hatten, hatten sie vollgetankt, und
den Berechnungen zufolge hätte der Diesel noch eine ganze Weile reichen
müssen (Basti veranschlagt 2 Liter pro Stunde für die Mama Mia,
für David schätzte er 3 bis 4 Liter wegen der Größe
und der Fahrt mit höherer Geschwindigkeit).
Außerdem zeigte die Tankuhr kurz zuvor noch einen halbvollen Tank
an, sie muss also defekt sein, und der Verbrauch muss auch deutlich höher
sein als angenommen, etwa 5 bis 6 Liter pro Stunde! Aber nachdem sie Diesel
beschafft hatten, konnten sie weiterfahren.
Wir machen einen Rundgang durch die Stadt Rab auf der gleichnamigen Insel;
die Altstadt liegt auf einer Halbinsel, die den Hafen umschließt,
und zeigt sich auf der Westseite zum Meer hin mit hohen Mauern und vier
Kirchtürmen. Durch einen kleinen Park, in dem wir unser letztes 3D-Foto
machen gehen wir an der Südseite der Altstadt nach oben auf die Anhöhe,
die durch die Mauern zum Meer abgeschlossen ist, und dort oben entlang
nach Norden. Die Straßen sind alle recht eng, für Autos nicht
befahrbar, und mit im Laufe der Zeit glattpolierten Steinplatten gepflastert.
Die Querstraßen sind enge Gassen mit Treppen, die zum Hafen hinunter
führen. Nördlich der Altstadt schließt sich ein großer,
schattiger Park an, mit vielen Wegen, Treppen und Ausblicken auf das Meer
auf der Westseite. Über Treppen gehen wir wieder nach unten Richtung
Hafen, und biegen in eine Straße, wieder mit faszinierend in der
Sonne glänzenden Steinplatten, in den unteren Teil der Altstadt ein.
Basti spendiert uns ein Eis, und dann schlendern wir zum Schiff zurück.
Wir sitzen noch ein bisschen herum, und gegen 19 Uhr kommt auch David
in den Hafen herein. Dann ist auch schon Zeit fürs Abendessen: wir
machen uns Reis mit Gulasch.
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Mittwoch, 27.09.2000
Vor
dem Einkauf fürs Frühstück muss ich in der Rezeption der
Marina noch Geld wechseln, weil wir nachher noch tanken müssen. Der
Tank ist zwar noch halbvoll, aber eine gewisse Reserve ist immer gut
schließlich kann man auf See in Notsituationen auf den Motor angewiesen
sein. Nach dem Frühstück geht es also zur Tankstelle, und wir
füllen den Tank auf, nachdem der Tankwart aufgetaucht ist (er war
auch noch beim Frühstücken). Basti hatte ausgerechnet, dass
wir 41,6 Liter brauchen werden, getankt haben wir 41,4 Liter. Wir erfahren,
dass die David-Crew heute gar nicht rausfahren will, sondern
noch einen Tag in Rab bleiben will; der Wetterbericht von heute früh
sagt aber, dass in zwei Tagen ein Wetterumschwung bevorsteht, mit Gewitter,
und da müssen wir nicht unbedingt über den Kvarner fahren. Leider
ist praktisch gar kein Wind, deshalb fahren wir unter Motor bis nach Cres
hinüber, und segeln dann mit Halbwindkurs unter normaler Fock bis
nach Nerezine auf Loinj. Der Hafen dort ist etwas tückisch:
erstens ist er an vielen Stellen seicht, so dass man beim Manövrieren
nicht zu weit ausholen kann, zweitens gibt es nur wenige Mooringleinen,
und drittens sind im hinteren Hafenteil nur Eignerstege, so dass man nur
am ersten Steg anlegen kann, und dort auch nur im äußeren Teil,
weil es sonst zu flach ist. Wir legen dort mit einem Heckanleger an. Sorgen
macht uns die Mooring: sie ist so kurz, dass sie vom Bug des Schiffes
senkrecht nach unten geht, und so nicht viel Halt in horizontaler Richtung
bietet. Basti erzählt uns von einer Bora-Nacht, die er dort erlebt
hat: als die Wellen von außen über den Wellenbrecher spritzten,
saß das Boot schon fast mit der Badeplattform auf dem Steg, nur
noch per Hand gehalten; er musste vom Wellenbrecher aus schwimmend eine
Leine zum Schiff ziehen, mit der sie das Schiff vom Steg wegziehen konnten.
Wie wird es heute sein? Dass Nordostwind kommt, ist gar nicht so unwahrscheinlich
wenn er auch nicht stark sein
wird. Eigentlich wollten wir hier auf den 589 m hohen Berg Televrina
steigen, von dem aus man bei klarer Luft sogar bis Italien hinüber
sehen kann, aber daraus wird nichts; Basti ruft zu Hause seinen Vater
an, der noch zu bedenken gibt, dass bei südlichem Wind der Kanal
bei Osor gesperrt sein kann. Wenn dort einige Knoten Strom herrschen,
und man selbst etwa drei Knoten braucht, um das Schiff manövrierbar
zu halten, rauscht man ziemlich flott durch diesen engen Kanal, in dem
Wirbel das Schiff auch noch abtreiben können. Lieber fahren wir heute
noch durch den Kanal, die Drehbrücke öffnet sich um fünf,
und fahren abends hinüber in die Marina Veruda. Wir beschließen,
nach einem kurzen Snack wieder aufzubrechen, und ganz gemütlich nach
Osor zu segeln. In Osor sind wir noch etwas zu früh dran; wir ankern,
um fünf öffnet sich die Drehbrücke, und wir fahren zwischen
den Zuschauern an der Brücke hindurch. Dann können wir noch
nicht segeln, weil wir im Windschatten der bergigen Nordspitze von Loinj
sind. Auf dem offenen Meer schläft der Wind dann ein, so dass wir
überhaupt nicht mehr segeln können (Basti sagt,
dass sie es nur in wenigen Fällen geschafft haben, unter Segeln über
den Kvarner zu fahren). Dafür gibt es einen wunderschönen Sonnenuntergang,
die Silhouette des Leuchtturms von Galijola ist vor dem Orange der Sonne
zu sehen, und achteraus ragen rötlich bis rosa angestrahlte Berge
über das Meer, das blau bis türkis schimmert. Nach der Dämmerung
machen Michael und ich uns ans Abendessen kochen; wir kochen Reis mit
Thunfisch (weil von beidem größere Vorräte an Bord sind),
Basti steuert das Schiff. Irgendwie auch ein Abenteuer, bei dem schwankenden
Schiff zu kochen, wenn man sich andauernd festhalten muss; der Motor orgelt
unüberhörbar laut, das voll aufgedrehte Radio hat Probleme,
mit Supertramp, Elton John u.a. dagegen anzubrüllen, es macht einfach
Spaß. Nach dem Essen sitzen wir alle draußen (mit Lifebelts,
weil ein Mann-über-Bord-Manöver bei Dunkelheit ziemlich aussichtslos
ist), unter dem sternklaren Himmel. Es ist aber hier auf dem Wasser überhaupt
nicht kalt, ich halte es gut mit kurzer Hose und T-Shirt aus, wir fahren
ewig lange auf den Leuchtturm Porer zu, und dann an der Halbinsel Premantura
entlang. Dann kommt ein kühler Wind vom Land auf, und wir erreichen
gegen zehn Uhr abends die Marina Veruda.
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Donnerstag, 28.09.2000
Wir
lassen den Tag gemütlich anfangen, wir haben heute nichts Größeres
vor. Gegen Mittag fahren wir hinaus, fahren vor Veruda herum (aus dem
GPS-Plot ergibt sich, dass Michael ein fast perfektes Rechteck gefahren
ist). Dann wollen wir in die Bucht von Banjole, die etwas südlich
von Veruda ist, direkt am Nordende der Halbinsel Premantura. Dort gibt
es ein ehemaliges Militärgelände, mit einer großen Radaranlage
(die immer noch in Betrieb ist, und laut Basti Handys und GPS-Geräte
gelegentlich massiv stört) und, innen in der Bucht, einem Betonkai,
an dem wir das Anlegen üben wollen. Kurz bevor wir die Bucht erreichen,
sieht Basti etwas im Wasser: Delphine!. Wir fahren den Tieren
hinterher, das ist gar nicht so einfach, weil sie nur ab und zu aus dem
Wasser schauen, und außerdem wendiger und, wenn sie wollen, deutlich
schneller als unser Schiff sind. Im Zickzackkurs steuere ich ihnen hinterher,
nach den Kommandos von Basti, der am Bug Ausschau hält, und Michael
fotografiert. Es waren wohl mehrere Gruppen, mit jeweils zwei bis drei
Tieren.
In der Bucht von Banjole begutachtet Basti erst einmal den Kai, ob überall
das Wasser tief genug ist; und dann geht es los. Zuerst üben wir
das Drehen auf dem Teller, und wie man dabei den Radeffekt ausnutzt: man
legt Ruder und gibt vorwärts Gas, bis sich das Schiff bewegt; dann
legt man den Rückwärtsgang ein, um das Schiff wieder aufzustoppen,
lässt das Ruder aber so lange eingeschlagen, bis man rückwärts
fährt, erst dann wird es auf die andere Seite eingeschlagen. Je nach
Drehrichtung des Propellers kann man beim Drehen des Schiffes den Radeffekt
ausnutzen: wenn das Schiff steht, wird das Heck auf eine Seite versetzt.
Dann muss man gar nicht erst warten, bis das Schiff rückwärts
Fahrt aufnimmt, um es weiterzudrehen, sondern überlässt beim
Abstoppen mit dem Rückwärtsgang dem Radeffekt die Drehung; am
Ruder muss man auch nichts machen, weil das Schiff ja keine Fahrt macht.
Dann machen wir uns an den Heckanleger bei Seitenwind, eine ziemlich trickreiche
Sache:
einerseits möchte man langsam fahren, um das Schiff sicher aufstoppen
zu können und um genug Zeit für Leinen und Mooring zu haben,
andererseits drückt der Wind den Bug weg, umso stärker, je langsamer
das Schiff fährt. Eine Rechnung mit vielen Unbekannten: ist man zu
langsam, treibt man ab, womöglich in die Mooring des Nachbarschiffs,
und kann dann nicht einmal mehr den Motor verwenden, ohne sich die Leine
in den Propeller zu ziehen; verschätzt man sich beim Aufstoppen,
kommt man entweder zu früh zum Stehen, wenn man noch zu weit weg
vom Steg ist, oder man kollidiert mit dem Steg. Hier muss man vor allem
Erfahrung haben, wie stark das Schiff zum Abtreiben neigt, und wie gut
es sich aufstoppen lässt. Und eine gute Crew, die weiß, was
zu tun ist. Obwohl der Wind gefühlsmäßig überhaupt
nicht stark ist, muss ich doch mit etwa zwei Knoten auf die Kaimauer zufahren,
um Kurs halten zu können. Das bräuchte ich jetzt nicht in einem
engen Hafen mit teuren Yachten rundum und stärkerem Wind. Als dritte
Übung machen wir einen Längsanleger. Dazu fährt man im
45°-Winkel auf den Steg zu, etwa zwei Meter davor dreht man das Schiff
parallel zum Steg und stoppt ab; idealerweise wird man vom Radeffekt noch
hingezogen, aber der wirkt auch nur auf einer Seite. Erstaunlich ist,
wie schlecht man den Abstand zwischen Bug und Steg vom Cockpit aus einschätzen
kann; würde der Beobachter am Bug nicht sagen, dass noch zwei Meter
frei sind, würde man denken, die Kollision stünde unmittelbar
bevor.
Danach geht es wieder zurück in den Hafen Veruda. Heute wollte auch
die David-Crew nach Veruda kommen, nach der Überfahrt
über den Kvarner, aber sie sind noch nicht da; sie kommen etwas später,
weil sie noch einen Zwischenstopp in einer Bucht eingelegt haben. Wir
kaufen ein paar Dinge ein, und dann machen wir das Abendessen: Michaels
Eltern sind eingeladen, und wir backen Crêpes.
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Freitag, 29.09.2000
Vormittags
fahren wir noch einmal hinaus; der Wind ist deutlich stärker als
gestern, und bei diesen Bedingungen wollen wir das Mann-über-Bord-Manöver
üben. Basti hat dazu aus zwei teilweise wassergefüllten Flaschen,
einem Stück Metallkette und einer kleinen Fahne einen Test-Dummy
gebaut, den wir Oskar nennen. Kurz gesagt: Oskar hat ein hartes Leben.
In den Wellen sieht man ihn nicht so gut, mit mehr Kraft auf den Schoten
geht die Segelbedienung nicht mehr so glatt, aber vor allem machen die
Wellen den Aufschießer zu einem Glücksspiel. Das Aufstoppen
ist viel schwieriger kalkulierbar, eine größere Welle kann
das Schiff abbremsen, bevor wir Oskar erreicht haben, und wenn man ihn
fast am Haken hat, schiebt sich wieder eine Welle dazwischen, die Schiff
und Dummy auseinandertreiben. Wir brauchen jedes Mal einige Anläufe,
bis wir ihn an Bord haben.
Zurück
im Hafen wird das Schiff gewaschen (der verlorene Schlauchadapter wird
durch eine Isolierbandkonstruktion ersetzt, die zwar manchmal ziemlich
spritzt, aber insgesamt doch hält), und nach dem Trocknen nehmen
wir die Segel ab. Es könnte regnen, der Wind wird morgen sicher noch
stärker, es macht einfach keinen Sinn mehr, noch länger im Hafen
herumzuhängen, gutes Segelwetter wird erst in einigen Tagen wieder
zu haben sein, wir fahren lieber heim.
Nachdem am Nachmittag noch einige Aufräumarbeiten gemacht sind, fahren
wir nach Pula, wo wir mit der David-Crew gemeinsam zum Essen
gehen. Wir suchen in der Stadt nach einem gemütlichen Restaurant,
finden aber nichts; schließlich landen wir in der Nähe vom
Colosseum und gehen in das Restaurant, in dem wir schon am dritten Abend
waren.
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Samstag, 30.09.2000
Wir
packen unser Gepäck zusammen, ziehen die Betten ab, putzen das Schiff,
und nachdem alle Leinen mit Ruckdämpfer und Rattensperren (Trichter
auf den Leinen) ordentlich befestigt sind, innen Mausefallen aufgestellt
sind und die Persenning über das Schiff gezogen ist, ist es elf Uhr,
und wir sind bereit zur Abfahrt. Bei einem Zwischenstopp in Pula besuchen
wir noch Michaels Eltern, die uns noch ein paar Gepäckstücke
mitgeben und die neuesten Erlebnisse mit ihrem Pannen-Boot erzählen,
und dann geht es flott weiter: über die Küstenstraße nach
Triest, über die Autobahn über Udine und Tarvisio ins Gebirge,
wo es zu regnen beginnt. Kurz vor der österreichischen Grenze gehen
wir in einer Raststätte zum Mittagessen (riesige Salate!), und bei
der nächsten Tankstelle machen wir den Tank voll. Der Himmel bleibt
bedeckt, hinter dem Tauerntunnel überholt uns das Auto der restlichen
David-Crew, und ab Salzburg macht sich der Föhn bemerkbar,
der Himmel ist blau, und der untergehenden Sonne entgegen fahren wir am
Chiemsee vorbei (so winzig, im Vergleich zum Meer, nur wenige Seemeilen
im Durchmesser...) nach Hause.
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