Segeltörn mit der Mama-Mia von Pula nach Dubrovnik im Juni 2003

von und mit Christoph, Michael, Roman und Basti

 

29.05.2003: "Breitreifen, Abgasfahnen und andere Porösitäten"

 

Angekommen in PulaAls um Viertel vor Früh mein Wecker klingelt, bin ich zwar noch reichlich verschlafen, aber erinnere mich düster, dass wir heute wieder einmal zum Segeln nach Kroatien fahren. Diesmal wollen wir von Pula in einem Rutsch nach Dubrovnik segeln, von wo aus Christoph, Michael und Roman mit dem Flugzeug heimfliegen und ich mit meinen Eltern und Betty nach Pula zurücksegle. Ich trinke schnell einen Kaffee, verabschiede mich von meinen Eltern und fahre los. Zuerst gehts nach Zorneding, wo ich um halb fünf Michael abhole. Eine halbe Stunde danach gabeln wir Christoph und Roman in Ebersberg auf und fahren Richtung Autobahn - diesmal über die Bauerndörfer Richtung Inntal; kurz vor Rosenheim geht die Sonne auf, wenig später sind wir schon auf der Autobahn. Hier ist schon recht dichter Verkehr und es wird recht schnell gefahren. Auffallend viele tiefergelegte VWs hoppeln an uns vorbei, sie sind wohl auf dem Weg zum VW-Treffen am Wörthersee. Das Wetter ist wunderschön, der Himmel blau, und bei Reichenhall sorgen die Nebelbänke, die unten im Tal neben der Straße zu sehen sind, für eine faszinierende Morgenstimmung. Gegen sieben Uhr sind wir im Salzachtal bei Pass Lueg, wo der Fluss die nördlichen Kalkalpen durchbricht und die Autobahn spektakulär durch zwei senkrechte Felswände tunnelt. Dahinter zieht es etwas zu, die Burg Hohenwerfen ist in Wolken, und im Radio berichten sie gerade von der Erstbesteigung des Mount Everest, die vor genau 50 Jahren war. Bis kurz vor Radstadt kommen wir störungsfrei voran, doch in den Verkehrsnachrichten ist schon von einigen Kilometern Stau und Blockabfertigung vor dem Tauerntunnel zu hören. Wir überlegen uns, was wir machen wollen, aber die Entscheidung wird uns abgenommen, denn kurz vor der Ausfahrt Radstadt taucht bereits das Stauende auf. Wir flüchten also auf die Bundesstraße und fahren in die Tauern hoch. Hier ist kaum Verkehr, bei Obertauern kommt die Sonne hinter den Wolken heraus und wir cruisen durch die herrliche Bergwelt - jetzt fängt der Urlaub an! Nach dem Katschbergpass fahren wir auf die A10, und machen kurz darauf unsere erste Pause auf einem Autobahnparkplatz, auf dem zeitgleich eine Gruppe Motorradfreaks mit ihren hochgezüchteten Geräten einfällt. Dann geht es zügig weiter bis nach Villach Warmbad (nur an einem Tunnel In der Verudamit Baustelle ist der Verkehr kurz zähflüssig), denn das Geld für den Karawankentunnel sparen wir uns, zumal man oft an der Grenz- oder Mautstation etwas warten muss und so auch nicht schneller vorankommt. Oben am Wurzenpass löst mich Michael am Steuer ab (wodurch wir auch endlich unseren stark rußenden Vordermann los sind) und fährt über Ljubliana bis an die slowenisch/kroatische Grenze. Endlich kommen wir zwei Stunden später ziemlich zerknautscht und müde in Pula an. In der Stadt ist leider wieder einmal der übliche Verkehrswahnsinn. Wir tanken noch, ich wechsle Geld und lasse beim Hafenkapitän die Crewliste abstempeln. Um 14 Uhr kommen wir endlich beim Schiff an. Jetzt geht die Arbeit richtig los: Wir entfernen die Persenning, waschen den ganzen angewehten Dreck vom Deck und räumen unser Gepäck in die Schapps. Dann gehen Christoph und Michael einkaufen. Als nächstes winschen wir Christoph in den Mast, damit er die ganzen Splinte und Terminals überprüft und die Fallscheiben mit Marine Spray einsprüht. Am Schluss, wir sind alle schon recht porös, werden noch die Segel angeschlagen, Christoph tauscht die Heckleinen aus, wir tanken Wasser auf, und zeigen Roman - er ist das erste Mal segeln - noch einige Knoten. Dann ist die Arbeit endlich geschafft, wir duschen uns, die Sonne geht langsam unter (endlich ist es nicht mehr so heiß), und wir machen uns gegen halb sieben auf den Weg in die Pizzeria. Abends bekommt Roman noch eine Einweisung in die Rettungsmittel, den Diesel und in die Benutzung der Toiletten, dann ratschen wir noch eine halbe Stunde und werfen uns in die Kojen.

Der Spruch des Tages: "Andere zeigen ihre Briefmarkensammlung - Basti zeigt seinen Motor und seine Einspritzpumpe."

 

 

30.05.2003 " Segeln nach Süden"Christoph am Steuer

Gleich nachdem ich aufwache, gehe ich zum Marinageschäft einkaufen - wir brauchen noch Brot, Butter und ein wenig Wurst für das Frühstück - und nehme auf dem Rückweg gleich noch den Wetterbericht mit. Wieder am Schiff angelangt, hat schon jemand das Frühstück vorbereitet und wir genießen das frische Brot. Dann sind wir auch schon fertig zum Auslaufen, nachdem ich noch den Loggeber eingesteckt habe. Aber als wir kurz nach neun langsam zur Tankstelle dieseln, zeigt das Gerät immer nur 0.00 kn an. Da muss irgendetwas faul sein. Natürlich liegt dann auch noch ein fettes Motorboot an der Tankstelle und wir ziehen fast eine Stunde untätig Kreise - zusammen mit u.a. der angeberischen Österreicher-Crew in orangenen T-Shirts, die wir schon gestern abend in der Pizzeria gesehen haben. RomanNa ja, ganz untätig nicht, denn ich baue derweilen fünfmal den Loggeber ein und aus, jedesmal spritzt ein Strahl Wasser ins Schiff und ich breche mir fast mein Kreuz ab, weil ich mich zwischen Maststütze und Schott falten muss. Irgendwann sind wir dann doch an der Reihe, tanken wahnsinnige 40 Liter - das MoBo hat wohl 4000 Liter getankt - kaufen noch Motoröl und laufen endlich aus. Dann werden die Segel gesetzt, der Motor verblubbert und der obligatorische Opferschluck kreist im Cockpit. Bei frischem NO Wind geht es gerefft (Reff 2) die ersten Meilen nach Südosten, aber schon bald (11:15) erreichen wir den Leuchtturm Porer und können ausreffen. So macht Segeln Spaß! Christoph legt sich in die Koje und ich bringe Roman das Steuern bei. Leider wird der Wind konstant weniger, dafür die Sonne immer heißer. Die Gewitterwolke, die sich inzwischen hinter uns aufgebaut hat, fällt in der Hitze schnell wieder zusammen. Nur noch vereinzelte Cirren und Cumuli sind am Himmel zu sehen, die entfernten Inseln sind jedoch im Dunst nur schlecht zu sehen. Der Wind wird zunehmend schwächer, auch mit Topgenua geht bald nichts mehr. Während wir genervt mit flappenden Segeln in die Restdünung motoren, werden wir ziemlich gegrillt. Langsam ziehen wir an Unije vorbei, und Michael erzählt, dass hier angeblich Bienen nachgezüchtet werden, weil dieses Jahr die deutschen Populationen durch eine Milbenplage fast ausgerottet wurden. Überhaupt gibt es dieses Jahr recht wenige Insekten, speziell Fliegen und Mücken; hier in Kroatien scheint es anders zu sein, denn Schmetterlinge von den Inseln fliegen über unser Boot. Gegen halb drei setzt sich endlich der Seewind durch, wir können die Maschine abstellen, und segeln in Schmetterlingskonfiguration (gehalten durch Spibaum bzw. Bullenstander) dahin. Leider rührt sich auf dem Vorwindkurs auch kein Lüftchen im Cockpit. Roman Bis auf den Rudergänger - mit nassem Handtuch über dem Kopf - verzieht sich die Crew in den Schatten. Gottseidank nimmt der Wind bald etwas zu, so dass wir flott vorankommen und vor dem Wind kreuzen können, was auch für etwas mehr Frischluft im Cockpit sorgt. Wir passieren Susak, Mali Lošinj und Ilovik. Als es langsam dämmert, räumen wir die Topgenua auf, mit diesem Riesenfetzen will ich nachts nicht segeln. Dann setzen wir noch den Radarreflektor und segeln langsam in die Dämmerung hinein. Die Inseln verschwinden im Dunst, die Sonne geht unter, eine tolle Stimmung. Da über dem Festland bei Zadar am Nachmittag immer mehr Gewitterpilze gewachsen sind, die jetzt langsam zerfasern und nach Westen ziehen, halten wir ein wenig südlicher, bald sehen wir die Inseln Premuda und Molat nicht mehr. So wird auch in der Nacht die Navigation einfacher, wir wollen einfach ungefähr 7 Seemeilen seewärts von Dugi Otok und Kornat nach Südosten segeln und brauchen uns nicht um Untiefen zu kümmern. Michael hat inzwischen Nudeln mit Soße gekocht, die ganz vorzüglich schmecken. Nur Roman hat keinen so großen Appetit, er ist die Schiffsbewegungen noch nicht so gewöhnt. Da es inzwischen dunkel ist, legen wir Schwimmwesten an und picken unsere Lifelines ein. Leider wird der Wind immer weniger, auch ist vom Landwind noch nichts zu spüren. So dieseln wir gemütlich weiter. Christoph und Roman legen sich in die Kojen, ich übernehme die erste Wache zusammen mit Michael. Alle Stunde schreiben wir Logbuch und zeichnen die Position in die Seekarte ein, sonst sitzen wir im Cockpit und ratschen leise.

Der Spruch des Tages: "Nur eine untergegangene Sonne ist eine gute Sonne."

 

 

31.5.2003 " Evil Day Star attacking Vol.1"

Segel setzen

Pünktlich um Mitternacht wecken wir Roman und Christoph, mittlerweile ist es fast sternenklar, aber immer noch windstill. Das einzige Geräusch neben dem sonoren Brummen des Motors ist das Rauschen der Bugwelle. Und sie rauscht nicht nur, sondern leuchtet auch: Leuchtbakterien befinden sich im Wasser, und lassen es dort, wo es sich bewegt, ein schwachblaues Licht aussenden. In der Ferne ist der Lichtschein von Zadar querab, wegen dem Dunst über dem WasserSonnenaufgang ist nichts genaueres erkennbar, aber über uns erstrahlen Milchstraße und Andromedanebel in voller Brillanz. Querab zieht der Confluence-Punkt an der Küste von Dugi Otok vorbei - eigentlich wollten wir dorthin, aber mitten in der Nacht macht das natürlich keinen Sinn. Ein Kreuzfahrtschiff, beleuchtet wie ein Christbaum, taucht in der Ferne auf und quert zweimal unseren Weg. Nach und nach löst sich auch der Dunst über dem Wasser auf, es wird langsam kalt (Zeit für Pulli und lange Hose), in der Ferne tauchen die Leuchtfeuer von Veli Rat und dem Leuchtturm in den Kornaten auf, und um zwei Uhr taucht dann plötzlich eine ganze Lichterkette an der Kimm auf. Angestrengt starren wir durchs Fernglas, aber wir können keine Positionslichter erkennen. Kein Wunder, denn die Arbeitslichter auf den Fischerbooten überstrahlen alles. Einigermaßen verwirrt von den sich bewegenden Lichtern, es werden immer mehr und die Abstände sind sehr schwer abzuschätzen, ändern wir unseren Kurs ein wenig Richtung Osten. Um drei Uhr ist die Telašćica-Bucht querab, Michael wird geweckt, und Roman und Christoph dürfen endlich schlafen gehen. Sobald es dämmert, wollen wir in die Kornaten einfädeln, ich Michael hoffe hier etwas Wind zu finden. Um halb fünf Uhr früh tuckern wir dann langsam zwischen Piškera und Lavsa durch, die Crew wird langsam wach, das Boot gleitet über das glatte, bleigraue Wasser, ein wunderschöner Sonnenaufgang steht bevor. Hier in den Kornaten ist eine seltsame Stimmung: Wir sind das einzige Schiff auf dem Wasser und, weil mit dem Tagesanbruch auch etwas Wind aufgekommen ist, segeln wir mittlerweile wieder langsam zwischen den bizarren Inseln hindurch. Auf dem Wasser taucht der erste goldene Lichtschein auf, kurz danach geht über der Insel Kornat die Sonne auf, die irgendwie seltsam angefressen aussieht. Nach einigem Rätseln fällt Christoph ein, dass es heute eine partielle Sonnenfinsternis gibt! Als dann die frischen Semmeln zum Frühstück duften, wird es ganz schnell leer hier im Cockpit. Aber die Meute lässt mir gottseidank doch was übrig. An der Nordspitze von Žirje schläft uns dann der Wind wieder ein, die Sonne brennt und Christoph und MichaelEvil Daystar Protection (EDP) leiden am Steuer. Ich versuche derweil, etwas Schlaf nachzuholen. Gegen elf Uhr dreht der Wind auf SE, wir können den Diesel abstellen. Die nächsten Stunden quälen wir uns langsam nach Süden, immer auf der Flucht vor der Sonne, die zum Evil Day Star mutiert. Zeitweise setzen wir sogar die Topgenua, aber der Wind bleibt unbeständig. Dafür wird die Sicht beständig schlechter und als wir nachmittags Drvenik passieren, sehen wir kaum noch etwas. Langsam kreuzen wir nach Hvar, das wir nur als Punkt auf dem GPS sehen. Endlich, einige Stunden später, taucht langsam Kap Pelegrin im Dunst auf. Die Sicht hat kaum mehr zwei Meilen betragen. Um 20:15 machen wir schließlich in der Marina Palmižana fest, wo wir uns duschen und dann auf die Nudeln stürzen, die wir gekocht haben. Am Abend machen wir nicht mehr viel, wir sind einigermaßen müde und gehen recht schnell schlafen. Mit 170 Seemeilen haben wir zwei Drittel der Strecke nach Dubrovnik gleich mit einem Schlag geschafft!

Der Spruch des Tages: "Das ist die PSA - persönliche Schutzausrüstung." - "Ich nenne es EDP - Evil Daystar Protection."

 

 

1.6.2003 "Von Hvar nach Vela Luka"Hvar

Nach dem Frühstück machen wir zuerst einen kleinen Spaziergang auf Sv. Klement. Wie überall auf den kroatischen Inseln führen Wege, teils betoniert und teils nur geschottert, kreuz und quer durch die Gegend, und an jeder Ecke steht ein Schild, das die Segler in irgend eine Konoba lockt. Von der einen Seite der Bucht, wo ein altes Ruderboot im Gras vor sich hingammelt, geht ein reichlich baufälliger Betonweg in den Pinienwald hinauf und von dort aus auf die andere Seite der Insel. Dort stehen einige Häuser verstreut, umgeben von Gartenanlagen mit exotischen Blumen und Kakteen. Gemütlich laufen wir der Jugendgruppe, die vorhin mit einem Taxiboot angekommen ist, hinterher, bis in die Bucht Vinogradišće. Dort machen sie sich am Sandstrand breit und stürzen sich dann ins Wasser (die meisten mit T-Shirt...); wir schlendern wieder langsam zurück und machen das Schiff fertig zum Ablegen. Weiter draußen kämpft jemand auf seinem Schiff mit einer manuellen Ankerwinde - was für ein Glück, das bei uns so etwas motorgetrieben geht. Um 10:15 laufen wir aus, unser erstes Ziel wird heute die Stadt Hvar sein. Wir hätten natürlich auch gestern abend den Shuttleboot Service von der Marina nutzen können, aber da waren wir alle viel zu müde und hungrig, und angesichts von 40 Kn pro Person für das Taxiboot ist es für uns heute attraktiver, gleich mit dem eigenen Schiff rüberzufahren. Hvar von Festung ausAn Hvar vorbeizufahren wäre eine Sünde gewesen! Als wir eine halbe Stunde später einlaufen, sind noch viele Liegeplätze mit Muring an Kai frei. Dort legen wir neben zwei Superyachten an und kommen uns recht winzig vor. Nach kurzem Verhandeln mit dem Hafenmeister, dürfen wir sogar zwei Stunden kostenlos liegen bleiben. Wirkt nett hier - der Kai geht in eine breite Uferpromenade über, mit Palmen und Sitzbänken darunter. Also nichts wie los, wir machen erst einen Stadtrundgang und laufen dann zur Festung den Berg hinauf. Treppen führen zwischen den Häusern nach oben, wie üblich sabotieren kreuz und quer gespannte Stromleitungen und Lampen jeden Versuch, zwischen den Häusern nach unten zu fotografieren, bis wir schließlich oberhalb der Häuser angekommen sind. Ab hier führt der Weg durch eine parkartige Anlage, locker mit Pinien durchsetzt, in der es in der Mittagshitze nach Maggikraut und anderen Gewürzen riecht. Ein flach ansteigender geteerter Weg (durchaus Fahrrad-geeignet!) führt uns nach oben, durch ein Tor durchqueren wir eine lange Mauer, die den Berg hinauf zur Festung läuft. Die Aussicht wird immer besser, der Hafen scheint direkt vor unseren Füßen zu liegen, und dann sind wir auch schon oben. Der Kassen-Mensch hat sich mit seinem Tisch unter einen Baum in den Schatten verzogen, der Eintritt kostet nur ein paar Kuna. Die Festung wurde echt kroatisch zum Museum umgebaut. Sehr feinfühlig sind eine Disko und drei Restaurants integriert, die eigentlichen Austellungsräume Il Fiasko am Ruder(ein einziger) kommen seit Jahren immer mehr runter und werden nicht gepflegt. Aber die Aussicht ist nicht schlecht, und man kann wunderschön auf den Mauern herumlaufen. Nach einer Weile brechen wir wieder auf und gehen in den Hafen zurück. Eigenlich wollen wir noch ein Eis essen, aber irgendwie finden wir keine Eisdiele, die uns gefällt. Supermarkt ist auch keiner zu finden. Als Alternative kaufe ich dann beim Bäcker noch eine Menge Salz-Käse-Stangen, die wir auf einer Parkbank am Kai essen. Jener hat sich inzwischen mit Menschen gefüllt, die auf die Ankunft der Fähre warten - unter ihnen auch eine ganze Gruppe von Bikern mit Oldtimer-Motorrädern, die stilecht mit Lederkappen und Fliegerbrillen angetuckert kommen. Etwas später laufen wir aus, denn unsere zwei Stunden sind abgelaufen. Mittlerweile spürt man auch schon den Nachmittagswind und schnell sind die Segel gesetzt. Dumm nur, dass die Sonne exakt hinter dem Verklicker steht und dem Steuermann wie ein Todesstern erscheint. Wir kreuzen bei schönen 14 kn Wind mit viel Fahrt und Lage nach Vela Luka auf Korčula. Eigentlich wollte Christoph noch den Confluence Punkt zwischen Vis und Biševo besuchen, aber ich entscheide mich trotzdem für Vela Luka, weil ich nicht fast 20 Meilen verschenken will. Zumal die Windaussichten für die nächsten Tage eher trübe sind. Bald ist Zeit für einen Cappuccino und während ich am Ruder stehe und mir die größten Wellen heraussuche, ist meine liebe Crew damit beschäftigt, die Tassen auf dem Tisch festzuhalten. Aus Rache versuchen sie dann, mich mit einem Gemisch aus viel Rum und wenig Cappuccino zu vergiften, was aber nicht gelingt. Ich kann einen Teil der Mische unbeobachtet über die Reling kippen. Dann übernimmt Michael das Ruder und ich setze mich mit Roman nach Lee und Vela Lukalasse das Wasser mit 7 kn an den Füßen vorbeizischen. Um halb fünf runden wir Kap Prožid, endlich können wir abfallen und lassen es die letzten Meilen in die Bucht von Vela Luka richtig krachen. In Vela Luka angekommen, fängt dann die große Liegeplatzsuche an. Von dem versprochenen Hafenausbau im Revierführer ist nichts zu sehen, an den freien Stellen am Kai ist nur ein Meter Wasser. An dem Touristendampfer will ich nicht längs gehen, dann hätte ich den Auspuff seines Generators im Cockpit. An der kleinen Elan lässt mich der Skipper nicht anlegen. Der letzte Liegeplatz ist zwei Meter zu kurz. Dann also römisch-katholisch mit Buganker und Heckleine zum Kai. Doch scheinbar haben die Einheimischen den Meeresgrund glattbetoniert, der Anker hält auch nach mehreren Versuchen überhaupt nicht. Ich kriege langsam einen dicken Hals, meine Crew grinst, als wir dann doch noch einen Platz finden: Wir gehen längs an ein Zweierpäckchen aus großen Charterbooten. Unser direkter Nachbar ist zwar nicht da, aber der übernächste meint, es wäre kein Problem. Froh gehe ich dann gleich eine Flasche Wein kaufen, um sie unserem Nachbar ins Cockpit zu stellen, falls er sich aufregt. Doch die Leute, es sind Belgier, sind sehr nett und so behalten wir den Wein für spätere Anwendungen. Abends machen wir noch einen kleinen Spaziergang, aber wir müssen feststellen, dass in Vela Luka gar nichts los ist. Also gehen wir bald ins Bett.

Der Spruch des Tages: "Ich gehe in die Torpedokammer. Eigentlich ist der Name sehr passend, denn auch hier wird etwas mit Druck ausgestoßen."

 

 

2.6 2003 "Confluence"Die ganze Mannschaft

Bereits um 9:15 laufen wir aus, denn auch unsere Nachbarn im Päckchen wollen ablegen. Leider hat sich über Nacht der Himmel bewölkt und aus dem Einheitsgrau nieselt es manchmal ganz leicht. Passend dazu weht kein Wind, als wir aus der großen Bucht dieseln. Eine knappe Stunde brauchen wir, bis wir draußen am Kap Prožid sind; dort weht dann doch ein leichter Hauch aus Südosten. Etwas müde sitzen wir herum, essen Kekse oder schlafen, während wir langsam durch das Grau kreuzen. Den Confluence Punkt zwischen Korčula und Pelješac wollen wir natürlich mitnehmen. Und weil gerade ein so schöner gleichmäßiger Wind ist, wollen wir den Punkt unter Segeln erreichen. Langsam macht sich der Düseneffekt bemerkbar, als wir uns der Durchfahrt nähern. Diese ist nur etwa eine Meile breit und auf beiden Seiten flankiert von fast 1000 mKorčula hohen, schroffen, steil abfallenden Bergen. Zusammen mit den düsteren Wolken, den ersten Sonnenstrahlen und dem mittlerweile frischen Wind kommt eine unheimliche Stimmung auf. Wir sind das einzige Boot, das segelt; wir ziehen das Reff 1 ins Groß ein und pirschen uns kreuzend heran. Christoph hüpft immer nervöser im Cockpit umher, kontrolliert die GPS-Geräte (die alle 43N 17E als Waypoint eingestellt haben), die Karte und den Kurs. Dazwischen schießt er hektisch seine Beweisphotos. Je näher wir kommen, desto kürzer werden die Kreuzschläge; ich tue mein Bestes am Ruder und so treffen wir den Schnittpunkt des 43 Breitengrades mit dem 17 Längengrad auf 3 m genau. Wir machen auch noch ein Gruppenphoto mit Selbstauslöser! Kreuzend geht es weiter durch den Pelješki Kanal, wir können die Halbinsel von Korčula KorčulaStadt schon erkennen. Die Sonne kommt jetzt immer mehr hinter den Wolken hervor, der Wind nimmt ein wenig ab, so dass wir ausreffen können und so segeln wir gemächlich auch die letzten Meilen. Um die Kreuzschläge möglichst groß zu machen, fahren wir ganz dicht an die Küste mit ihren beeindruckenden Bergflanken heran; die Berge in der Entfernung liegen inzwischen auch in der Sonne und erscheinen im Dunst scherenschnittartig in verschiedenen Graublautönen hintereinander. Am Ufer von Pelješac beobachten wir einen Lenkdrachenflieger, der sein knallrotes Flugobjekt vor den Bergen tanzen lässt, bald darauf istKorčula Korčula querab, und gegen 17:00 machen wir in der ACI Marina fest. Hier sind die Abstände zwischen den Stegen besonders eng, so dass der Anleger ziemlich genau gefahren werden muss. Mehr als einen Versuch hat man hier meistens nicht, dann hängt man garantiert in irgendeiner Muring fest. Doch unser Anleger klappt super und so können wir uns im Cockpit zurücklehnen und das Hafenkino noch ein wenig genießen. Als wir uns geduscht haben, machen wir einen Stadtrundgang. Korčula ist auf einer Halbinsel gelegen, die Altstadt und die Stadtmauer sind fast komplett erhalten. Die vielen kleinen Gassen und die malerischen Ecken gefallen uns. Hier soll auch Marco Polo geboren sein, jedenfalls behaupten das die Einheimischen. Zurück am Schiff kochen wir wieder ein Nudelgericht und lassen es uns gutgehen. Später, es ist schon dunkel, machen wir uns wieder auf in die Stadt. Nachdem wir ein Eis gegessen haben, gehen wir zur Forteca, einem alten Turm am Hang über der Altstadt. Angekommen, stören wir ein Pärchen beim Schmusen im Auto und als Christoph wenig dezent auch noch mit der Stirnlampe in ihr Auto leuchtet, verschwinden sie. In den alten Festungsturm ist leider modernste Technik eingezogen, die Kroaten haben einen oder mehrere Mobilfunksender eingebaut, überall brummt und rauscht die Elektronik.....Dann gehen wir ans Boot zurück und fallen müde in die Kojen.

Der Spruch des Tages: "Rent a car - rent a boat - rent a bike - rent a bunny."

 

 

3.6.2003 "Rennfahren auf Mljet"

Babewatch

Als wir gegen 8:30 aufstehen, bewegt sich kein Lüftchen, das Wasser ist spiegelglatt. Die Sonne knallt aufs Deck, uns wird schnell unangenehm warm. Also laufen wir zeitig nach dem Frühstück aus und motoren ein paar Meilen bis zwischen Badjia und Planjak, wo wir vor einem alten Kloster, das mittlerweile ein Hotel und ein Restaurant beherbergt, auf 6 m Wassertiefe ankern. Nach ausgiebigem Geplansche setzen wir uns hin, ratschen und trinken einen Cappuccino. Roman ist derweil kaum vom Fernglas zu trennen, denn in einiger Entfernung paddeln die Hotelgäste mit Plastikkajaks vorbei. Aber als eines, beladen mit Mädchen unter wildem Gekreische kentert, hält Roman wenig von unserer Idee, er solle doch hinüberschwimmen und sie auf unser Schiff retten. Als wir dann gegen ein Uhr den Anker lichten, versuchen wir zuerst den Windhauch auszusegeln, aber sogar unter Toppgenua geht bald nichts mehr. So bleibt uns nichts anderes übrig, als die eiserne Genua zu starten. Um 16 Uhr erreichen wir schließlich Pomena auf Mljet, das sich als Retortendorf und Hotelsiedlung herausstellt. Polače, ein paar Buchten weiter, wäre ein richtiges gewachsenes Dorf - allerdings ist es von Pomena aus näher zum Nationalpark, und da wir sowieso schon hier sind, bleiben wir. Mangels Muringleinen müssen wir den Buganker bemühen, der sich beim ersten Versuch in dem Kraut auf dem Meeresboden verfängt und slippt; aber beim zweiten Versuch treffen wir eine Sandfläche, wo das Ding hält. Die Heckleinen sind dann auch schnell ausgebracht - unter Mithilfe des wunderschönen Hafenmeisters (braungebrannt mit dunklen langen Haaren und Muskelshirt, das zu erkennen gibt, was für ein Adoniskörper darunter steckt), der sicher der Traum aller weiblichen Segler ist. Wir schauen uns erstmal etwas um: Viel ist hier nicht los, aber die Anlage wirkt gepflegt, es gibt eine Anlegestelle für das Tragflächenboot, daneben eine abgesperrte Schwimmzone, und ein Stapel Surfbretter und Jollen vom Typ "Laser" warten auf ihre Benutzung. Inzwischen ist es halb sechs, und wir machen uns auf den Weg in den Nationalpark. Der Eingang mit dem Kassenhäuschen befindet sich gerade einmal hundert Meter hinter dem Hotel; der Eintritt kostet pro Person 42 Kn, mit Studentenausweis ist es für uns um ein Drittel billigerSv. Marije. Der Weg führt zuerst ein Stück flach bergauf, dann wieder flach nach unten zum See. Nach 15 Minuten erreichen wir den Mali Jezero, der mit einem kleinen Kanal (überbrückt von einer idyllischen Steinbogenbrücke) mit dem Veli Jezero verbunden ist. In diesem Kanal, es steht eine kräftige Strömung darin, baden wir ein wenig (lassen uns dabei natürlich mehrmals durch den Kanal treiben) und warten dann auf unser Taxiboot, das uns zur Insel Sveti Marije bringen soll. Das etwas übermotorisierte Schiffchen kommt pünktlich, lädt die letzten Besucher aus, und nimmt uns an Bord. Dann wieder Hebel auf den Tisch, wir ziehen eine kräftige Bugwelle über den ansonsten vollkommen ruhigen See, und mit einem Zwischenstopp in Pristanište erreichen wir nach einer kurzen Fahrt das Eiland, ein Kloster steht sehr malerisch darauf. Leider ist hier wenig bis gar nichts los, das Kloster ist zu einem Restaurant umgebaut und der Kellner sitzt gelangweilt herum, denn wir sind die einzigen Touristen. Macht aber nichts; die Insel ist ganz nett, überall wachsen faszinierende Pflanzen, zwei Kapellen sind in die Gartenanlagen eingestreut, und der Truthahn im Käfig macht sich an seine Henne ran. Während wir um die Insel herumlaufen und zwischen den Ruinen herumstöbern, angelt unser Taxibootfahrer zusammen mit dem Kellner. Nach einer Stunde werden wir wieder abgeholt, und wir bitten den Fahrer, uns in Pristanište statt in Veli JezeroPomena abzusetzen, denn von hier wollen wir nach Polače laufen. Von der hübsch angelegten Anlegestelle aus sind es nur ein paar Schritte nach oben zur Straße, wo zum Glück auch eine grobe Übersichtskarte der Insel hängt. Nach Polače immer geradeaus. Das Innere der Insel ist ziemlich waldig und erstaunlich hügelig, darum schlängelt sich die absolut perfekt geteerte Straße an die Landschaft angepasst Richtung andere Inselseite. Wofür die hier eine derart perfekte Straße brauchen, bleibt uns ein Rätsel - ein Auto ist nur sehr sporadisch zu sehen. Roman träumt darum von seinem Tieflieger, mit dem er hier perfekte Bedingungen hätte. Nach einer halben Stunde, es dämmert bereits, erreichen wir Polače. Die Straße führt ab hier bergab, vor uns liegt eine geschützte Ankerbucht mit zahlreichen Schiffen, die größtenteils bereits das Topplicht eingeschaltet haben. Drüben am Ende der Bucht befindet sich der Ort, den man durch die Ruine eines einst mächtigen Turms erreicht; direkt dahinter ist ein kleiner Kai, an dem auch ein paar Yachten liegen. Ähnlich wie Pomena besteht der Ort fast nur aus Restaurants; immerhin gibt es ein paar Reste der alten Struktur, während Pomena mit seinem modernen Hotel etwas steril wirkt. Außer in den Gasthäusern ist hier aber absolut nichts los, so dass wir nach einer kurzen Runde umdrehen und uns auf den Heimweg machen; dabei spinnen wir unsere Fahrrad-Phantasien weiter und diskutieren die Machbarkeit eines Liegerad-Tandems für vier Leute. Wir sind schon eine Weile unterwegs und nähern uns der Abzweigung Richtung Pomena, als neben uns ein uralter Renault R4 hält. Der junge Mann fragt uns, wo wir hinwollen, und bietet uns daraufhin an, uns zum Schiff zu fahren. Nach etwas Zögern steigen wir ein, Christoph sitzt vorne, Michael, Roman und ich quetschen uns mehr übereinander als nebeneinander auf die Rückbank. Dann geht der Höllenritt los! Unser Fahrer, in einem früheren Leben wohl Rennfahrer gewesen, jagt das Auto ohne Rücksicht auf Verluste über die enge Landstraße. Stoßdämpfer quietschen (wenngleich die Federwirkung nahe Null ist), das Auto knarzt, das GetriebePolače kracht, als wir in Ideallinie sämtliche Kurven nehmen. Gottseidank kein Gegenverkehr! Aber eines muss man ihm lassen: er kennt die Strecke, und weiß genau, wann er bremsen und wie schnell er die Kurven nehmen muss (unter der Annahme, dass niemand entgegen kommt). Zusammengekrümmt hockt er vor dem Lenkrad, das Gesicht nah an der Scheibe (um durch dieses verstaubte Guckloch von der mit den funzelartigen Scheinwerfern schlecht beleuchteten Straße überhaupt etwas erkennen zu können), rührt mit dem Hebel neben dem Lenkrad im Getriebe herum, und holt mit dem Fuß auf dem Gaspedal das Letzte aus dem Wagen heraus. Der Übergang zwischen Fahren und Fliegen ist fließend. Nach ein paar Minuten (die uns wie eine Ewigkeit vorkommen) sind wir in Pomena angekommen, bedanken uns bei dem jungen Mann und laufen hysterisch kichernd zum Schiff zurück. Schnell kochen wir noch eine Kleinigkeit aus diversen angebrochenen Nudelpackungen, dann mache ich mit Roman noch einen kleinen Rundgang durch die Siedlung.

Der Spruch des Tages: "Da hängt der Sextant..." "Wir haben keinen Sextant!" "......Dann nennen wir es eben Barograph!"

 

 

4.6.2003 " Evil Day Star -jetzt erst recht!Il Fiasko beim Angeln"

Um acht Uhr, bei der Motorkontrolle, gibt es wieder eine nette Überraschung: Die Seewasserpumpe tröpfelt schon wieder! Das ist nicht weiter beunruhigend, aber ärgert mich trotzdem, denn den Simmerring haben wir erst vor einem Jahr wechseln lassen. So langsam entwickle ich eine Hassliebe zu unserem Diesel! Eine Stunde später ist das Frühstück fertig, es gibt frischgebackene Croissants ("Knack & Back" aus der Dose - eine wirklich feine Sache für Segeltörns), und anschließend bereiten wir das Ablegen vor. Als wir dann bald auslaufen, lässt uns der Wind ziemlich im Stich, wir treiben erst einmal eine Stunde vor Polače in völliger Flaute. Langsam setzt sich dann gegen Mittag der Seewind durch und wir kreuzen vor dem Wind zwischen Mljet und Pelješac. Die Hitze ist bei 6 kn Wind und 4 kn Fahrt unter Groß und ausgebaumter Topgenua mörderisch, neben der Windstille im Cockpit wird die Sonne von den Segeln gleich nochmal reflektiert. Über dem Festland steigen mittlerweile gewaltige Wolkenberge nach oben, hin und wieder grollt es entfernt. So geht das SuđuratSpielchen weiter, richtig zulegen will der Wind nicht, es wird immer düsterer und mir wird langsam mulmig zumute. Als der Wind um vier Uhr nachmittags einschläft, was gar kein gutes Zeichen ist, dümpeln wir gerade querab der Südspitze Mljet. Wir räumen vorsichtshalber die Topgenua auf, werfen den Diesel an und bergen kurz darauf auch das Großsegel. Ab und zu grollt es im Gebirge, aber es weht kein Windhauch. Die Zeichen deuten immer mehr auf Unwetter, dunkle Wolken tauchen um uns herum auf, in der aufkommenden diesigen Luft bricht die Fernsicht rapide zusammen, und die Farben der umgebenden Inseln verblassen. Ein Hafen wäre jetzt angebracht; wir haben zumindest keine Lust auf ein Ankermanöver im strömenden Regen. Als wir immer noch in absoluter Flaute am Kai in Suđurat auf der Insel Šipan festmachen, tröpfelt es ein wenig, aber dann kommt bald die Sonne wieder heraus. Wir fragen zuerst einen Einheimischen, ob wir über NachtSuđurat bleiben dürfen. Dann geht Roman noch kurz Milch für einen Cappuccino kaufen und wir lassen es uns gutgehen. Bis der Regen endgültig aufgehört hat, sitzen wir zusammen und reden über Liegeräder; dann machen wir uns gestärkt auf zu einem Stadtrundgang. Suđurat ist ein absolut faszinierendes Örtchen: Viele sehr alte Mauern und Gebäude, keine Hotels, kaum Autos und sogar eine alte königliche Sommerresidenz gefallen uns sehr. Auch die Vegetaion ist subtropisch, wir sehen viele Stechpalmen. Am Hafen sitzen ein paar Fischer und flicken ihre Netze (wo wir uns erst nicht trauen, darüberzusteigen), auf der anderen Seite des Hafens, wo die Straße steil den Berg hoch geht, spielen ein paar Kinder auf der Terrasse eines Hauses mit einem Ball (und werfen ihn regelmäßig runter), hinter der alten Festung verliert sich der Ort langsam ins Grasland und die Straße wird so breit, dass ein Auto draufpassen würde (in den engen Gassen: keine Chance), und eine alte bucklige Frau steht bei ihren SSuđuratchafen. Hinter der Festung vorbei gehen wir wieder auf die andere Talseite, arbeiten uns zwischen den Häusern den Berg nach oben, bis wir die Straße zur Nordseite der Insel erreichen. Die Sonne geht gerade unter, einzelne Zypressen machen sich gut im Abendrot, und wir folgen der Straße wieder nach unten, die in einer steilen Serpentine nach unten zum Hafen führt und dort auch endet (darum ist dort der Parkplatz mit diversen vor sich hinrottenden Fahrzeugen). Wieder unten beim Schiff stehen wir noch eine Weile auf dem betonierten Fähranleger herum (bei dem der Meeresboden, wie man durch das kristallklare Wasser sehen kann, auffallend tief ausgebaggert ist) und unterhalten uns; langsam wird es dunkel, und die ersten Fledermäuse zeigen sich - vielleicht lenken die die herumstreunenden Katzen ab, die sich auch bis auf unser Boot trauen. Am Abend kochen wir unseren berühmten Reis mit Scheiß, schauen uns die bisher geschossenen Bilder auf dem Laptop an, ratschen noch ein wenig und gehen dann bald in die Kojen.

Der Spruch des Tages: "Wer stirbt?" Basti: "Dich!"

5.6.2003 "Finale furioso"

Größenvergleich

Als ich recht früh meinen Kopf aus der mit Katzenspuren überzogenen Luke strecke, traue ich meinen Augen kaum, eine fette Fähre rauscht in die Hafenbucht. Schnell wecke ich meine Crew auf: "Da kommt was fucking Großes!!" und wir sehen fasziniert zu wie die Kiste neben uns anlegt. Das Spektakel dauert nicht lange, Wurfleinen fliegen, zwei Leute legen zügig und wortlos die armdicken Leinen um die Poller, schon geht die Heckluke auf, in Windeseile sind einige LKWs und PKWs auf- und abgeladen, das Restaurant holt sich Nachschub und einige Leute steigen um. Beim Ablegen werden wir durch das Schraubenwasser der Fähre ein wenig durchgeschüttelt (schließlich sieht unser Schiff mit seinem 18 m hohen Mast wie Spielzeug gegen dieses Ungetüm aus), dann ist es wieder still und ruhig, als wäre nie etwas geschehen.Wie ein Besuch von einem anderen Stern! Bald darauf laufen wir auch aus, denn wir wollen zeitig in der Marina Miho Pracat sein, um dann mit dem Bus nach Dubrovnik zu fahren. Während wir an LopudMarina Dubrovnik und Kolocep vorbeidieseln, backen wir Brötchen und frühstücken gemütlich im Cockpit und beobachten, wie das Tragflächenboot an uns vorbeizieht. Kurz darauf kommt es zurück - was in der Ferne wie ein winziges Motorboot aussieht, entpuppt sich nach wenigen Minuten als ein gar nicht mehr so kleines Gerät, das um ein Vielfaches schneller als die anderen Schiffe ist. Weil das Ding direkt auf uns zufährt, rate ich Christoph, ein deutlich erkennbares Ausweichmanöver zu fahren. Man kann ja nie wissen. Kurz darauf biegen wir schon in die tief eingeschnittene Dubrovacka ein. Die Fähre von heute morgen liegt am Kai in Gruž und sieht gegen ein monströses Kreuzfahrtschiff genauso verloren aus wie wir am Morgen. Wahnsinn! Nachdem wir die Hängebrücke passiert haben, dieseln wir flussaufwärts in das enge Tal mit seinen steilen, hohen Bergen auf beiden Seiten. Diese sind oben trostlos und kahl, aber unten im Tal ist es grün und Palmen säumen an manchen Stellen das Ufer. Stadtmauer DubrovnikDie geschützte Lage hat natürlich auch einen Nachteil: Die Sonne brennt unbarmherzig herunter, kein Lufthauch regt sich. Was manche von uns dazu animiert, sich aus Tüchern und Sonnenbrille einen Sonnenschutz zu bauen, der Darth Vader nicht unähnlich ist. Schon bald machen wir in der Marina fest, unser Liegeplatz ist direkt vor dem Swimming Pool. Wir freuen uns und springen gleich hinein, denn es ist schon wieder verdammt heiß. Jetzt wird Christoph langsam ungeduldig, es zieht ihn in die Altstadt Dubrovnik. Ich wäre ja noch gerne im Pool geblieben, denn es ist erst elf Uhr, aber ich kann meine Crew kaum bremsen. Dann werden wir halt in Dubrovnik gegrillt. Direkt vor der Marina ist die Bushaltestelle und für 10 Kuna bringt uns der Bus direkt an die Stadtmauer. Leider ist der Bus recht überfüllt und stickig, und als einige kroatische Mädels einsteigen, sorgt das bei uns auch nicht gerade für Abkühlung. Dann sind wir auch schon vor der Altstadt. Alles ist sauber, mit Blumen geschmückt, und gelbweiße Fahnen kündigen den morgigen Papstbesuch an. Dubrovnik wird "die Perle der Adria" genannt, und bereits das alleine durch seine Größe beeindruckende Stadttor zeigt uns, dass da wirklich was dran ist. Beginnen wollen wir unsere Besichtigung mit einem Rundgang auf der mächtigen, vollständig erhaltenen Stadtmauer. Leider greift jetzt die Sonne richtig an, es ist Mittag, absolute Windstille und kein Schatten. Neben dem Stadttor geht eine endlos lange Treppe nach oben, dann sind wir auf der mächtigen, an manchen Stellen 10 m starken Mauer. Zuerst geht es am Meer entlang; die Mauer fällt senkrecht direkt ins Wasser ab, und auf der gegenüber liegenden Seite können wir in die Häuser und auf die Stadtmauer Dubrovnikaufgehängte Wäsche schauen; entsprechend liegt ein leichter Waschmittel-Geruch in der Luft. Eben das tägliche Leben. Extra für die Touristen herausgeputzt ist hier nichts; an manchen Stellen sehen die Hinterhöfe auch wie Sperrmüllhalden aus. Die Mauer hat einen sehr abwechslungsreichen Verlauf, enthält Zickzack-Abschnitte, Zinnen, und Erker mit Schießscharten (ein Mensch kann sich durch den engen Eingangsschlitz mit Mühe hineinzwängen); außen befinden sich gelegentlich Heiligenfiguren. Weiter hinten, beim Jesuitenkloster, ist dann auf der den Häusern zugewandten Seite eine Straße zu sehen, die wie eine lange, breite Treppe in flachen Stufen bergab führt, und damit diese Gasse befahrbar ist, wurden abenteuerliche Holzrampen darübergelegt. Trotzdem ist die Frage, wer sich traut, dort mit dem Auto zu fahren. Gegenüber befinden sich am Fuß der Mauer ein paar Felsen, und die auf einer darauf betonierten Terrasse stehenden Sonnenschirme sind rote Kreise auf grauem Untergrund direkt neben dem tiefblauen Wasser. Der südöstliche Eckpunkt der Mauer wird von einem Gebäde gebildet, das das Marine-Museum beherbergt und über dessen Dach der Mauerweg führt; unterhalb davon befindet sich eine Mole, wo Leute baden und sich sonnen. Ab hier geht die Mauer wieder ein Stück zurück in die Stadt hinein und umrundet den Stadthafen, vor dem malerisch die bunten Fischerboote festgemacht sind. Im Hafenbecken ist gerade ein Schwimmkran aktiv, mit dem Spundwände an der Kaimauer in den Boden gerammt werden. Auf der anderen Seite der Mauer ist eine enge Gasse, die von hier oben wie ein dunkler enger Kanal wirkt (sie ist fast auf Meeresniveau und damit diverse Meter tiefer als die Mauerkrone); immer wieder pfeilt ein Schwarm von Schwalben dort durch die Häuserschluchten, zieht in letzter Sekunde unter lautem Gekreische hoch, dicht über die Köpfe der Touristen auf der Mauer hinweg. Auf der dem Berg zugewandten Seite steigt die Mauer langsam an, bis zu einem dicken Turm an der anderen Ecke, den wir auch noch besteigen. Besonders von hier oben hat man einen schönen Blick über die Stadt, und uns fallen die vielen frisch gedeckten Dächer auf. Denn die Altstadt wurde über Monate von serbischer Artillerie beschossen und muss massive Schäden davongetragen haben; zum Glück ist davon praktisch nichts mehr zu sehen, bis auf einzelne Einschläge in einigen Hinterhöfen. Auf dem Turm weht ein konstanter Wind, Christoph fantasiert schon vom Drachen steigen lassen, aber wir alle sind viel zu müde dafür. Etwa zwei Stunden lang haben wir uns auf der Mauer aufgehalten, in einer Steinwüste unter der glühenden Mittagssonne. Der Rundgang ist zu Ende; jetzt sindStadtmauer Dubrovnik wir schweißgebadet und fertig. Als wir wieder unten sind, verziehen wir uns erstmal in die Gassen auf der Südseite der Stadt. Wir brauchen jetzt dringend eine Abkühlung. Aber die ganze Stadt besteht aus Stein, wie aus einem Guss gehen die Häuser nahtlos ineinander über, dazwischen befindet sich das typisch kroatische spiegelblank polierte Straßenpflaster, das die Hitze speichert und bis in die hintersten Ecken strahlt. Lauter Stein, kein grünes Fleckchen, darum ist es auch im Schatten nicht wirklich kühl. Nachdem wir eine Weile ziellos herumgeirrt sind und im Wesentlichen nur kleine Restaurants angetroffen haben, landen wir wieder auf der großen Hauptstraße, wo endlich eine Eisdiele ist. Jeder zieht sich eine große Waffel, die aber auch nur kurz Abkühlung bringt. Auf der anderen Seite, wo die Gassen den Berg hoch gehen, entdecken wir billige Imbiss-Buden; gut zu wissen, aber momentan haben wir keinen Hunger, wir müssten uns eher mal ausruhen. Wir schlendern weiter zur Kirche (wo ebenfalls überall Plakate den Papstbesuch ankündigen), entdecken dann mehrere faszinierende Gassen mit geheimnisvoll wirkenden Durchgängen, und gehen dann durch den Torbogen (wo eine der nobelsten öffentlichen Toiletten, die wir je gesehen haben, ist - mit Edelstahl und schwarzem Marmor) zum Hafen hinaus. Hinten an der Mole hocken wir uns hin und beobachten die Wahnsinnigen, die bei dem Klima Sport treiben müssen - Wasserball mag ja noch ganz ok sein, aber für Fußball gibt es sicher brauchbarere Orte (wo der Ball nicht andauernd ins Wasser fällt). Dann geht es wieder zurück in die Stadt und dort an der Mauer entlang. Eine unscheinbare Tür in der Stadtmauer, durch die immer wieder Leute verschwinden, erweist sich als Durchgang zum Meer. Hier sind einige Stufen in den Fels betoniert, einige Leute baden, andere sonnen sich. Kurzentschlossen springen Roman und ich auch ins Wasser und baden direkt vor der Stadtmauer in einer einmaligen Kulisse! Langsam wird es Abend und unsere Mägen melden sich zunehmend. Als schwierig erweist sich die anschließende Suche nach einem passenden Restaurant, denn wir wollen nicht zuviel Geld ausgeben, aber ordentlich Hunger haben wir doch. Schließlich stoßen wir im nördlichen Teil der Altstadt auf eine Gasse, mindestens Baden an der Stadtmauer Dubrovnik200 Meter lang, wo sich ein Restaurant ans andere reiht. Ok, dieses Problem wäre also gelöst. Weil es noch etwas früh für das Abendessen ist, laufen wir nochmal Richtung Osten, setzen uns dann auf die Stufen beim Dominikanerkloster, und beobachten die Vögel, die sich in den vielen Nischen der Stadtmauer gegenüber breitgemacht haben. Dann marschieren wir weiter durch das östliche Stadttor, und finden ein Stück weiter einen kleinen Sandstrand mit Blick auf die Altstadt. Auf dem Weg zurück bringt die Abendsonne die glänzenden Platten zu einem orangenen Leuchten, und für uns ist es jetzt wirklich Essenszeit - also zurück zur Gasse mit den vielen Restaurants! Macht man hier den Fehler und läuft nicht schnell genug vorbei, wird man fast zum Platznehmen genötigt. Die Entscheidung fällt uns zunehmend schwerer, also suchen wir uns das Restaurant mit der hübschesten Kellnerin aus. Und wir bereuen es auch nicht, das Essen ist wirklich hervorragend und nicht teuer. Kulinarisch und optisch gestärkt, will Christoph jetzt unbedingt auf den Berg hinter Dubrovnik steigen, um von hier aus den Sonnenuntergang zu erleben. Westlich von der Stadtmauer laufen wir über endlose Treppen nach oben, bis wir zur zweiten Querstraße oberhalb der Stadtmauer gelangen. Hier ist eine kleine Terrasse, von der aus man einen schönen Blick hat. Ein paar Kinder spielen mit einem Ball, und wir genießen die Aussicht. Von hier aus sieht man erst, wie tief der Graben nördlich von der Stadtmauer ist, Autos wirken dagegen wie Spielzeuge. Die heute Mittag so gleißende Sonne löst sich gerade im Westen in orangerosa Wolken auf. Während wir auf einer Parkbank sitzen, gehen in der Stadt langsam die Lichter an. Auch die Stadtmauer ist mit Lichterketten versehen, die ihre Konturen inklusive aller Zinnen nachzeichnen - ein kitschiges, aber irgendwie doch hübsches Bild. Dann wollen Christoph und Michael noch weiter nach oben, aber werden schon bald von der Schnellstraße gestoppt. Ein ziemlicher Verkehr herrscht hier, und sobald sich doch einmal eine größere Lücke auftut, kommen gleich Autos aus der im spitzen Winkel einmündenden Zubringerstraße nach. Wir sind jetzt gerade einmal auf halber Höhe des Bergs; kopfschüttelnd sehen wir zu, wie Christoph auf die andere Seite sprintet und sich anschließend durchs Unterholz kämpft, aber weit kommt er nicht. Auf der anderen Seite ist kein Weg in Richtung Gipfel zu finden, also lassen wir es sein. Es ist eh schon fast dunkel. Was nun? Christoph und Michael wollen die Küstenstrasse zur Marina heimlaufen und dabei die Hochbrücke über die Dubrovacka anschauen, ich will mit Roman noch in der Stadt bleiben. Also trennen wir uns; Michael und Christoph schalten ihre Stirnlampen ein und trailen los (es gibt keinen Fußweg entlang der Straße, aber der seltsame Anblick der beiden lässt die Autofahrer auf die Bremse treten), während ich mit Roman wieder in die Altstadt gehe, wo wir uns an einen Brunnen setzen und einer Band zuhören, die in einem Cafe jazzt. Als wir später mit dem Bus zurückfahren, fällt uns auf, dass in der Stadt viele Straßen gesperrt sind, überall ist Polizei, der Busfahrer fährt einige Umwege und flucht ziemlich. Das hängt wohl alles mit dem Papstbesuch am nächsten Tag zusammen. Mir schwant schon Böses, denn Christoph, Michael und Roman müssen morgen Vormittag zum Flughafen kommen! Am Schiff angekommen, es ist schon fast Mitternacht, sind wir vom Busfahren wieder ziemlich verschwitzt. Michael und Christoph sind auch erst kurz vor uns eingetroffen, sie haben die Aussicht auf die nächtliche Stadt mit ihrer gelben Straßenbeleuchtung genossen, die Brücke angeschaut (erbaut von einer Firma aus Augsburg, erst im vergangenen Jahr eröffnet), und sind unter den teilweise sehr verwunderten Blicken der einheimischen Autofahrer bis zur Marina marschiert. Schweißgebadet sind wir alle - also ab in den Pool! Hier planschen wir noch eine Weile, bis einer auf die Idee kommt, Unterwasserfotos im Pool zu machen. Flugs holt Christoph seine Kamera und fotographiert alle möglichen und unmöglichen Sachen.

Der Spruch des Tages: "Roman braucht eine coole Sonnenbrille und eine Aufrollautomatik für die Zunge."

 

 

6.6.2003 "Der Papst schlägt zu"

Marina Dubrovnik

Nachdem wir aufgestanden sind, geht Christoph zum Einkaufen in den Supermarkt am Eingang der Marina und versucht auch gleich herauszufinden, wie man am besten zum Flughafen kommt. Denn das ist heute gar nicht so einfach: Der Papst kommt in die Stadt! Was die Bevölkerung zum Jubeln bringt, bereitet uns eher Sorgen, denn Michael, Christoph und Roman müssen ihren Flug erwischen, aber der Flughafen liegt auf der anderen Seite der Stadt. Und diese ist komplett abgeriegelt, auch der Busverkehr steht komplett still. In der Rezeption der Marina ist man auch eher ratlos und empfiehlt, sich am Taxistand gegenüber der Marina zu erkundigen. Dummerweise ist weit und breit kein Taxi zu sehen; nur jede Menge Busse, die hier vor der Marina und an der Straße entlang stehen, und deren Fahrer im Schatten zusammensitzen und ratschen. Wir haben schon überlegt, mit dem Schiff nach Cavtat zu dieseln, aber das wäre vermutlich auch recht knapp. Gerade als Christoph wieder zurückkommt vom Supermarkt, fährt ein rotes Taxi in die Marina. Hinterher! Der Fahrer erweist sich als sehr netter Mensch, der hervorragend deutsch spricht, und mit einem deutschen Yachtbesitzer befreundet ist. Ja, er kann uns fahren (weil er außerhalb der Stadt wohnt, gleich um die Ecke) - bis elf und ab 16 Uhr ist auch die Straße zum Flughafen wegen Ankunft bzw. Abreise des Papstes gesperrt, aber nachdem der Flieger um kurz nach drei geht, ist das kein Problem. Christoph macht aus, dass der Fahrer gegen 13 Uhr an der Rezeption auf uns wartet (er hat bereits vorher eine Fahrt zum Flughafen). Die Rettung! So können wir erst einmal gemütlich unter dem Sonnensegel, das ich währenddessen im Cockpit angebracht habe, frühstücken, und meine Freunde ihr Zeug zusammenpacken. Dann springen wir nochmal in den Pool und essen noch ein gepflegtes Eis an der Bar. Anschließend verabschiede ich mich von meiner Crew, begleite sie zum Taxi und gehe zum Schiff zurück. Meine Eltern und meine Freundin werden morgen Abend in Dubrovnik landen und wir wollen zusammen nach Pula zurücksegeln.

Marina Dubrovnik Christoph: "Das Taxi trifft etwas verspätet ein; wir haben mit dem Fahrer einen Pauschalpreis ausgemacht (ca. 30 €) und zahlen gleich, gegenüber von der Marina gibt es noch einen kurzen Stopp, dann sind wir endlich unterwegs zum Flughafen. Wir hatten erwartet, dass wir uns irgendwie an den obersten Stadtteilen von Dubrovnik vorbei durchschlagen, aber laut dem Taxler geht selbst dort gar nichts. Wir fahren stattdessen das Flusstal hinter, dort den Berg hinauf, und umfahren Dubrovnik hintenrum auf winzigen Straßen, nur einen Steinwurf von der bosnischen Grenze entfernt. Routiniert und flott steuert der Fahrer sein Taxi durch die Gegend, interpretiert die Tempolimits etwas freier, aber hat einen guten Blick für die Polizisten, die heute wirklich an jeder Ecke in allen Löchern hocken. Selbst im verschlafensten Dorf am Ende der Welt hat sich die Polizei verschanzt, meist gut versteckt, so dass ich sie erst bemerke, wenn wir vorbei fahren - der Fahrer hat schon rechtzeitig vorher abgebremst. Südlich von Dubrovnik treffen wir wieder auf die normale Straße, ohne einen letzten Blick auf die Stadt werfen zu können - denn die liegt hinter einer Kurve versteckt. Dann geht es ein Stück hinunter Richtung Küste, vorbei an einem Wasserkraftwerk, wir sehen kurz die Marina Cavtat, dann fahren wir auch schon unterhalb der Landebahn-Befeuerung des Flughafens vorbei. Dieser liegt auf einer Hochebene zwischen der Küste und den Bergen an der Grenze; nach einer weiteren Kurve sind wir da, der Fahrer setzt uns direkt vor dem Haupteingang ab.

Trotz der Verzögerungen sind wir dank einer großzügigen Zeitplanung mehr als rechtzeitig da, die Check-In-Schalter haben noch gar nicht geöffnet. Ich kümmere mich noch um meine Postkarten, für die ich in den letzten Tagen keine Briefmarken bekommen habe - im Flughafen gibt es nicht nur Briefkästen, sondern auch ein Geschäft, das Briefmarken verkauft und wo man mit Euro zahlen kann. Dann öffnet auch schon der Check-In, und wir geben unser Gepäck auf. Wir hoffen, an alles gedacht zu haben, und sämtliche Taschenmesser, Nagelscheren und ähnliches Zeug, auf das man seit eineinhalb Jahren auf Flughäfen allergisch reagiert, aus dem Handgepäck verbannt zu haben, aber dann fragt uns die Mitarbeiterin, ob Batterien drin seien. Keine Ahnung, hoffentlich nicht, daran haben wir natürlich nicht gedacht. Meine Akkus sind im Handgepäck, aber ich habe vielleicht noch welche vergessen. Dass inzwischen so viele Dinge verboten sind, erstaunt mich doch. Siedend heiß fällt mir ein, dass im Discman noch Akkus sind, und ich außerdem ein Fläschchen Feuerzeugbenzin im Gepäck habe. Naja, entweder sie entdecken es selber und entfernen es, oder sie übersehen es - zumindest geht von diesen Dingen keine echte Gefahr aus, kein Grund für ein schlechtes Gewissen.

Dann verziehen wir uns in die Cafeteria, die einen schönen Blick auf das Vorfeld bietet. Das ist der Vorteil bei diesen kleinen Flughäfen: man ist nah dran am Geschehen und kann alles beobachten - in München etwa ist man komplett abgeschottet, nur direkt von den Flugsteigen aus kann man die Flugzeuge sehen. Beispielsweise eine Aero-Lloyd-Maschine steht direkt vor dem Fenster - ist das unsere? Nein, vermutlich ist es ein Flug früher, nach Köln oder so. Dann ziehen wir uns einen Cappuccino und beobachten die Manager-Typen am Nachbartisch, die gerade eine Notebook-Konferenz veranstalten. Als unser Abflugtermin näher rückt, marschieren wir zu unserem Gate und lassen die Sicherheitskontrollen über uns ergehen. Das Handgepäck legen wir brav auf den Durchleuchter, aber am Metalldetektor werde ich abgefangen. Ah, Schlüssel und Geldbeutel - damit gab es zwar noch nie ein Problem, jetzt lege ich sie auch auf den Durchleuchter. Aber der Detektor piept immer noch. Was denn noch? Mein Taschenmesser ist in der Reisetasche, in meiner Gürteltasche ist nur noch der zugehörige Inbus-Schlüssel mit einem Satz Bits. Auf den springt der Security-Mensch voll an, nimmt das Ding, steckt ein Kreuzschlitz-Bit rein und zeigt mir, wie das als Waffe verwendet werden kann. Das ist doch absurd! Aber er lässt sich nicht abbringen. Erst nach einem Gespräch mit seinem Vorgesetzten gibt er mir das Teil zurück und ich darf durch.

Die Wartehalle ist voll von Leuten, wir bekommen kaum einen Sitzplatz, und können nichts anderes tun als die Zeit totschlagen. Der Duty-Free-Shop ist gewohnt langweilig, Die Marina aus der Luftund die sich abzeichnende Verspätung hebt auch nicht unsere Laune. Zwei Flüge sind noch vor uns dran, das schaffen die nie! Wir beobachten, wie die Flugzeuge starten und landen (die Rollbahn führt erst einmal bergab, so dass die startenen Flugzeuge erstmal komplett nach hinten abtauchen, bevor sie dann auf der Startbahn wieder an uns vorbeirasen), auch ein Hubschrauber ist zu sehen. Dieser kommt ebenfalls über die Landebahn rein und fliegt dann genau über den Rollwegen entlang, bis er bei seiner Parkposition auf dem Vorfeld aufsetzt. Vor unseren Augen werden die Aero-Lloyd-Maschinen ent- und beladen, nach den Flügen nach Köln und Frankfurt ist endlich unsere Maschine an der Reihe. Ein Gepäckzug kommt, transportiert das ausgeladene Gepäck ab, dann taucht ein weiterer auf, auf dem auch unsere Taschen zu erkennen sind, und wird per Förderband eingeladen. Ein Koffer fällt herunter und knallt auf das Vorfeld - so wird also mit dem Gepäck der Passagiere umgegangen. Dann dürfen wir an Bord - einfach zur Tür hinaus und zu Fuß zum Flugzeug laufen. Inzwischen ist es 15:45, eigentlich sollte Boarding bereits um 15:20 sein.

Kaum, nachdem wir Platz genommen haben, kommt eine Durchsage vom Piloten, dass München heute feste Landezeiten vergäbe, wir unseren Slot verpasst hätten, und darum eine Stunde mit dem Start warten müssten. Bevor sich Unmut in der Kabine breitmacht, kommt die nächste Durchsage, dass er die Wartezeit auf eine Viertelstunde reduzieren konnte, und gleich anschließend, dass es doch sofort losgeht. Gleich nach dem Abheben fliegen wir über Dubrovnik, dann kann Michael unsere Marina erkennen, anschließend geht es weiter an der Küste entlang. Dummerweise sitzen wir rechts, so dass wir nur das gleichförmige Festland sehen statt der Inseln. Kaum hat die Maschine die Reiseflughöhe erreicht, wird eilig das Essen serviert; dann kommt das übliche Anlegen der Ellenbogen und Bewegungstraining für die Handgelenke, bis der Snack aus Miniportionen verspeist ist. Bei der Gelegenheit fällt mir ein: ich habe mein Campingbesteck dabei! Es ist ein sehr kompaktes Faltbesteck und darum praktisch immer in meinem Rucksack, so wie heute - ich habe gar nicht mehr daran gedacht, und den Schnarchnasen von der Security ist auf ihrem Röntgengerät auch nichts aufgefallen, denn im Unterschied zum Inbus-Schlüssel ist hier eine Klinge dabei, die wirklich sehr spitz und scharf ist!

Ein Blick aus dem Fenster zeigt jetzt eine sehr kleinräumig strukturierte Landschaft, die praktisch keine Landmarken wie Flüsse, Autobahnen, Seen oder Großstädte enthält. Erinnert mich an Slowenien, wo wir vor zwei Jahren mit dem Auto Richtung Idrija gefahren sind - und laut der groben Positionsanzeige auf den Bildschirmen sind wir auch irgendwo dort. Dann werden die Wolken dicker, man kann nichts mehr erkennen, und als wir laut Anzeige über den Tauern sind, beginnt der Pilot mit dem Landeanflug auf München - keine halbe Stunde nach dem Start. Wegen der geschlossenen Wolkendecke widme ich mich der Zeitung: bei der Financial Times Deutschland ist das beherrschende Thema der gestrige Selbstmord des Politikers Möllemann. Irgendwann ist dann Erding zu erkennen (mit dem Baggersee im Norden), wir fliegen am Flughafen vorbei, sehen Dachau mit dem KZ-Gelände, dann machen wir eine Kurve nach Norden, nochmal an Dachau vorbei, und landen auf dem Münchner Flughafen. Alleine bis zur Gepäckausgabe ist es ein kleiner Fußmarsch, nicht zu vergleichen mit dem übersichtlichen Dubrovnik. Dort herrscht wieder das Chaos, drei Flüge sind angeschrieben, unserer ist nicht dabei. Also warten wir. Schließlich bemerken wir, dass sich die Halle leert - auf dem einen Band sind nur noch ein paar Gepäckstücke, nämlich unsere, aber angeschrieben ist ein Flug aus St. Petersburg! Der anschließende Fußmarsch zur S-Bahn, und die ewig lange Heimfahrt bestärken uns wiedermal von der Sinnlosigkeit des Transrapidprojekts zum Airport: Durch die Verspätung des Flugzeugs, die Wartezeit auf das Gepäck, die langen Fußwege usw. ist so viel Zeit verloren gegangen, dass die Zeitersparnis durch einen Schnellzug vernachlässigbar wäre. Von der Marina bis nach Hause werden wir fast acht Stunden gebraucht haben, das ist ja fast mit dem Auto zu schaffen."