von Christoph Moder
Segeltörn September/Oktober 2001 in Kroatien
Crew: Christoph, Michael, Basti
Früh am Morgen, als es noch dunkel ist, klingelt es: meine Freunde holen mich ab, es geht wieder einmal nach Kroatien, zum Segeln. Sie sind ein bisschen verspätet, weil sie noch einmal umgedreht waren, um den vergessenen Radmutterschlüssel zu holen; aber das macht nichts, denn wir kommen gut voran. Bei Bad Aibling geht es auf die Autobahn, und weiter durch die Morgendämmerung - nur mit einem kurzen Zwischenstopp an der österreichischen Grenze bei Salzburg, um ein „Pickerl“ zu kaufen.
Als wir die Tauern durchqueren, sind die Berge von dicken Wolken verhängt, und danach wird das Wetter eher schlechter statt besser. Wir wollen doch segeln! Naja, mir ist es vorerst egal, ich schlafe noch ein bisschen, der Michael ist ein guter Fahrer. Um die Maut für den Karawankentunnel zu sparen, fahren wir über den bis zu 18% steilen Wurzenpass; es regnet, und die charakteristischen Heutrockner (große, gitterförmige Holzgestelle mit einem Dach obendrauf) zeigen uns, dass wir in Slowenien sind. Eigentlich ist diese Strecke nicht schlecht: im Vergleich zum Karawankentunnel hält sich der Umweg in Grenzen, aber es kostet nichts, und sobald es sich am Tunnel (nur eine Fahrspur pro Richtung) nur etwas staut, braucht man über den Pass auch nicht länger.
Im Tal angekommen parken wir unser Auto und wollen eine Kleinigkeit essen. Es ist nass und ziemlich kalt, und wir sind schon einige Stunden unterwegs. Aber von den Geschäften und Restaurants hier ist keines geöffnet, wir laufen einmal um den Komplex, und fahren dann unverrichteter Dinge weiter. Eine Weile später finden wir eine Autobahnraststätte, wo wir Geld wechseln und eine Toilettenpause machen. Es geht weiter durch das flache Land am Fuß der Alpen, bei Bled, dem Segelflugmekka, sehen wir viele Modellflieger und eine Straußenfarm, und der Regen lässt nach.
Am Autobahnende geht die Straße seltsamerweise unter Tennisplätzen durch, wir biegen links ab, und sind in Ljubljana. Hinter der Stadt wird die Landschaft hügeliger und waldiger, zwischen den Wolken zeigen sich einige Sonnenstrahlen, und am späten Vormittag sind wir in Postojna. Hier ist unser erstes Etappenziel: die Besichtigung der berühmten Tropfsteinhöhle („Adelsberger Grotte“ bzw. „Postojnska Jama“). Wegweiser leiten uns durch den Ort auf einen Parkplatz, und von dort aus sind es nur noch wenige hundert Meter am Fluss entlang bis zur Höhle, die als alte Touristenattraktion mit Souvenirständen und Ähnlichem umgeben ist.
An der Kasse steht eine lange Schlange von Leuten, aber die Wartezeit ist zum Glück kürzer als befürchtet. Dann geht man einen Gang nach hinten, und befindet sich in einem lang gezogenen Raum: es ist ein Bahnhof, man wird mit kleinen Zügen in die Höhle gefahren! Eine kleine Elektrolok zieht ca. ein halbes Dutzend offener Waggons - da passen etliche Leute drauf, das erklärt die kurze Wartezeit am Eingang. Der Zug setzt sich in Bewegung, und fährt durch niedrige Höhlenbereiche, künstliche Durchstiche und kleinere Hohlräume in den Berg. Die Strecke ist recht kurvig und die Tunnel nicht besonders groß (wenn man sich zu weit hinauslehnt, kann man problemlos an der Wand anstoßen), umso beeindruckender ist die Geschwindigkeit des Zugs. Mit ca. 30-40 km/h fährt r, was die Strecke hergibt, und so ist man nach wenigen Minuten am Ziel, zwei Kilometer tief in der Höhle.
Dann ist man in einem großen Hohlraum, wo sich die Führungen formieren - nach Sprache sortiert. Zwar ist das Fotografieren ausdrücklich verboten, aber weil ich keinen Blitz verwende, erlaube ich mir heimlich ein paar Aufnahmen. Aber das scheint niemand zu stören: andere fotografieren mit Blitz, selbst als ein kleineres Blitzgewitter losbricht, kümmert das niemand - ich werte das als Erlaubnis. Wir erfahren ein paar Daten über die Höhle (unser Fußweg ist 1700 m lang, im höchsten Punkt 30 m höher als der Eingang und am tiefsten Punkt 25 m tiefer), und los geht der Rundweg, meist über planierte Wege mit Geländer, zwischen den Tropfsteinen hindurch. Obwohl das Tempo gerade einmal ein gemütliches Fußgängertempo ist, ist es fast zu schnell, um alle Schönheiten der Höhle in Ruhe bewundern zu können. Und da ich immer wieder anhalte, um fotografieren zu können (wegen der langen Belichtungszeiten wird der Fotoapparat auf das Geländer aufgelegt), bin ich immer etwas hinterher und muss aufholen. Wir gehen über die „russische Brücke“ (eine Betonbrücke, die von russischen Kriegsgefangenen gebaut wurde), sehen den „schiefen Turm von Pisa“ (ein Stalagmit, der eine nicht zu übersehende Ähnlichkeit mit dem Turm hat), gehen dann durch verschiedene Gänge eine große Schleife, bis wir schließlich wieder unterhalb der Brücke herauskommen. Etwas später kommen wir zu einem Stalagmiten respektabler Größe, der „Brillant“ genannt wird und das Wahrzeichen der Höhle ist, und sehen anschließend auch ein weiteres Wahrzeichen: die Grottenolme. Diese ca. 30 cm langen Amphibien gehören zu einer endemischen Tierart, die sich an das Leben im Dunkel der Höhle angepasst hat - sie sind blind und haben ganz weiße Körper, nur die seitlich aus dem Kopf ragenden Kiemenbüschel sind rötlich. Sie sind hier in einem Wasserbecken zu sehen (wo sie einige Wochen ohne Nahrung auskommen), weil man sie sonst kaum zu Gesicht bekäme; sie leben nämlich in dem unterirdischen Fluss, der vor ca. 2-3 Millionen Jahren die Höhle geschaffen hat. Inzwischen hat sich der Fluss tiefer eingegraben und fließt 30-40 m unter der Höhle entlang; erst am Ende der Besichtigung kommt man an eine Stelle, wo man ihn in der Tiefe sieht und hört.
Nach der Höhlenbesichtigung fahren wir weiter Richtung Pula, und sind eine Weile später in der Marina Veruda am Schiff. Wir laden unser ganzes Zeug ein, etablieren den Landstrom, und abends gehen wir in die Pizzeria in der Marina essen: die Jumbo-Pizzen sind für unseren Riesenhunger genau richtig, aber ansonsten sind diese Wagenrad-großen Dinger (die bei uns mit Mühe auf den Tisch passen) kaum zu schaffen.
Als erstes gehen wir einkaufen, in einen der Supermärkte am östlichen Stadtrand von Pula. Der Billa-Supermarkt ist wirklich riesig, amerikanische Dimensionen sind das, und wir bekommen alles, was wir brauchen. Zurück am Schiff lassen wir es langsam angehen: ein kleiner Brunch, faulenzen, Segel aus den Segelsäcken auspacken und installieren. Anschließend werde ich mit dem Bootsmannsstuhl in das Masttopp hinaufgezogen, um alle Blöcke und Lager zu schmieren. Und natürlich, um Fotos von Schiff und Hafen aus der Vogelperspektive zu machen. Anschließend teste ich meine Hängematte: zwischen Mast und Vorstag wird sie aufgehängt, und meine Freunde machen wunderbar dekadente Fotos von mir...
Später versucht Basti wieder einmal, die undichte Stelle in der Steuerbord-Achterkoje abzudichten (mit einem üblen Zeug namens „Captain Tolley's Creeping Crack Cure“ und Silikon), wir kontrollieren den Motor, schauen die Digitalfotos von der Höhlenbesichtigung an, hören MP3s (Kampf mit dem Windows Media Player), und zum Abendessen gibt es Spaghetti mit Thunfischsauce (lecker!).
Das Wetter ist nicht so toll, daher bleiben wir noch einen Tag im Hafen, warten ab, schlagen die Zeit tot. Nein, von heute gibt es nichts Erwähnenswertes zu berichten.
Strecke: 42,2 sm
Heute fahren wir endlich los. Es ist nicht viel Wind, daher motoren wir der Küste entlang. Der Sonne entgegen, die das Wasser silbrig glitzern lässt. An der Südspitze der Premantura-Halbinsel beim Leuchtturm Porer wollen wir Segel setzen, aber der Wind reicht nicht - wir müssen weiterdieseln, und zwar über den ganzen Kvarner. Das einzige Stück Stoff, was wir in den Mast hinauf ziehen, ist die bayerische Flagge, die Basti mitgebracht hat. Die Fahrt zieht sich endlos dahin, weil Unije und Losinj scheinbar einfach nicht näher kommen, und dann geht es noch Ewigkeiten an Losinj entlang bis nach Ilovik. Hier ist es immer wieder schön, an einer Boje im Kanal zwischen Ilovik und Sveti Petar - speziell jetzt, als die Abendsonne die Inseln in ein rötliches Licht taucht.
Aber zum Faulenzen ist es noch zu früh: zum Beispiel, weil wir sicherheitshalber eine Leine durch den unteren Ring der Boje ziehen wollen (angeblich kann man der Stabilität der Bojen nicht immer trauen), oder weil die Logge nicht funktionierte. Ich ziehe Flossen und Taucherbrille an und gehe in das sehr klare und türkisgrün aussehende Wasser, um die Leine durch die Boje zu ziehen und um den festsitzenden Propeller der Logge wieder beweglich zu machen (wegen Ablagerungen drehte er sich nicht mehr, mit etwas Kraft ließen sich die Ablagerungen jedoch abbrechen). Während ich mich abtrockne und umziehe, machen sich Basti und Michael schon an der Instrumententafel in der Navi zu schaffen. Die Logge hat wegen der Blockade am Propeller nichts aufgezeichnet, aber aus dem GPS wissen wir, dass wir 42 Seemeilen gefahren sind, und deshalb will Basti die Anzeige der Logge korrigieren. Ganz nach dem Motto „der Captain fälscht die Meilen selbst“ tickert er an der ausgebauten Logge die Meilen per Hand nach.
Und noch etwas gibt es zu untersuchen: das Radar. Es ist zwar vorhanden, aber irgendwie kaputt, schon seitdem Bastis Eltern das Schiff gekauft haben; die Anzeige zeigt nichts Sinnvolles an. Gut, wir fahren nicht bei Nacht, auf das Radar können wir gut verzichten - aber es wäre trotzdem schön, wenn es funktionieren würde. Und so steige ich wieder in den Bootsmannsstuhl, und untersuche das Radar. Mit meinem Swiss-Tool lässt es sich gut zerlegen, und mit einem Multimeter messe ich verschiedene Bauteile durch - aber ich finde keinen Fehler. Optisch ist nämlich auch alles perfekt in Ordnung und blitzeblank, kein Bauteil verschmort oder auch nur verfärbt, und die Zahl der Bauteile hält sich auch in Grenzen; ein moderner Discman dürfte wesentlich komplexer sein. Na gut, dann kann ich wohl nichts machen - vielleicht würde man im laufenden Betrieb mehr sehen, aber das könnte ungesund sein, da kann ich ja gleich meinen Kopf in eine Mikrowelle halten. Und abmontieren kann man das Gerät kaum, weil es an einem Kabelbaum am Mast hängt - sehr viel Arbeit.
Wenn ich schon nichts machen kann, kann ich wenigstens die Aussicht von hier oben genießen. Und ich fotografiere natürlich; die Sonne geht gerade unter, und im Südosten türmen sich beeindruckende Haufenwolken. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass ich der Stuntman auf dem Boot bin: gestern im Masttopp, heute im Wasser Leine durch die Boje ziehen und Logge reinigen, und jetzt auf der Saling am Radar herumbasteln. Aber mir soll's recht sein; hier oben ist es schön, während Basti unten an einem verstopften Klo werkelt.
Der Tag klingt schließlich mit einem leckeren Abendessen aus: Reis mit Mais und Erbsen. Thunfisch (von dem so viel an Bord vorhanden ist) wollte der Basti nicht reintun; ich sehe schon, Michael und ich müssen uns was ausdenken, um ihn von seiner ablehnenden Haltung gegen Thunfisch zu heilen... am nächsten Törn...
Strecke: 29,3 sm
Als wir um sieben Uhr morgens aufwachen, ist es windstill. Wir lassen uns Zeit, frühstücken gemütlich, und warten, wie sich das Wetter entwickelt. Aber es wird dunkler statt heller, und gegen zehn Uhr bricht ein Gewitter herein. Zum Glück liegen wir an der Boje, denn bei dem Wetter macht das Steuern keinen Spaß; so können wir es gemütlich von innen anschauen. Es sieht auf jeden Fall cool aus, wie die Regentropfen die glatte Wasseroberfläche zernarben, und wie das Regenwasser über die Luken läuft - solange man drinnen im Trockenen sitzt.
Dort wird uns nämlich nicht langweilig: Michael und ich beschäftigen uns mit unseren Psion-PDAs, wir haben etwas mit der eingebauten Programmiersprache „OPL“ („Organizer Programming Language“, ein BASIC-Dialekt) beschäftigt. Michael arbeitet daran, einen Funktionsplotter zu programmieren, während ich mir ein bisschen Doku über das Versenden von SMS über Handy und Datenkabel mitgenommen habe und dazu ein Programm implementieren will. Das sind zwar keine wirklich schweren Aufgaben (z.B. geht der SMS-Versand über Klartext-AT-Befehle, und ich habe Beispielcode zur Ansteuerung der seriellen Schnittstelle), aber OPL ist eine ziemlich dämliche Programmiersprache, die einem dank fehlender String-Ersetzungsfunktionen und Bit-Shifting-Operatoren (für 8-zu-7-Bit-Kodierung nötig) selbst Standardaufgaben unnötig kompliziert macht.
Das Gewitter verzieht sich gegen Mittag, aber es regnet noch leicht. Am Kai von Ilovik beobachten wir, wie die Katamaranfähre versucht, anzulegen - sie muss aber zuerst zwei Segelschiffe verscheuchen, die ihren Platz am Kai belegen. Weil im Kanal ein ziemlicher Strom steht, lässt die Fähre ihre Motoren in unterschiedliche Richtungen laufen, um sich quer zum Strom halten zu können; da sie Turbinenmotoren hat, klingt das wie ein Düsenjet.
Um 13 Uhr ist der Regen weg, wir ziehen aber sicherheitshalber Ölzeug an und fahren raus. Und wir haben Glück: hinter Ilovik kommt die Sonne zwischen den Wolken hervor, und diese lösen sich langsam auf. Und es ist Wind - anfangs haben wir das Reff 1 drin, später fahren wir ungerefft Richtung Silba, müssen dahinter ein Stück kreuzen und kommen dann mit einem Amwindkurs weiter Richtung Molat. Es gelt sich ganz angenehm; ich bin am Steuer, und weil der Wind schön konstant ist, kann ich das Steuer in eine stabile Lage bringen (so dass das Schiff weder luv- noch leegierig ist) und feststellen - ich liege daneben, beobachte den Himmel, höre das Rauschen des Wassers, spüre den Wind und die Sonne; so kann man es aushalten. Der Basti wird das zwar nicht so gerne sehen, aber das ist mir gal.
An der Südspitze von Molat stellt sich die Frage, was unser Ziel ist. In Frage kommen Molat (auf der Insel Molat) und Bozava (am Nordende von Dugi Otok), wir entscheiden uns für letzteres. Wir kommen am späten Nachmittag an, und als wir das Schiff festmachen, beobachten wir Kunstflieger, die über uns herumfliegen. Michael und ich laden anschließend unsere Bromptons aus, um eine kleine Radltour zu machen. Direkt am Ende des Hafens geht eine Straße nach oben, und nördlich um den Ort herum, zwischen Feldern, Wiesen und Baumbeständen (Olivenbäume?) hindurch. Ohne einen speziellen Grund finden zu können: es ist einfach schön hier. Wir erreichen die Einmündung zur Hauptstraße, die längs der Insel entlangläuft, und folgen ihr ein Stück Richtung Brbinj/Sali. Zuerst geht es steil bergauf, die 5-Gang-Schaltung wird an die Grenzen gebracht, aber wir haben einen schönen Blick über den Ort und die Bucht, an der er liegt. Weiter oben sehen wir die Abzweigung nach Veli Rat, und folgen ihr. Am höchsten Punkt verläuft die Straße durch einen kleinen Einschnitt, und man hat eine schöne Aussicht auf Veli Rat mit seiner Bucht und dem Leuchtturm. Die Sonne geht gerade unter, und weil wir auf der Suche nach dem perfekten Aussichtspunkt sind, stellen wir die Räder ab und laufen durch das Gelände. Aber es ist alles mit Gestrüpp zugewuchert, auch auf den zahlreichen Steinmauern, die wie überall die Landschaft durchqueren, kommt man nicht vorwärts. Eine gute Aussicht nach Bozava hat man von nirgendwo. So bleibt uns nichts anderes übrig, als die Räder zu nehmen und wieder zurückzufahren (Strecke insgesamt: 6,8 km).
Bozava ist ein netter kleiner Ort, mit viel Grün und natürlich mit einem typischen Kirchturm und schmalen, betonierten Sträßchen. Wir laufen herum und fotografieren viel, denn die Stimmung hier ist wunderbar. Die Straßenbeleuchtung ist nicht einheitlich in einer Farbe, sondern besteht aus gelben und weißen Lampen, das lässt den Ort interessant aussehen.
Zurück am Schiff hat Basti schon die Pizza-Backmischung vorbereitet. Nach einem leckeren Essen gehen Michael und ich noch einmal an Land, zu einem Spaziergang um den Hafen, die laue Sommernacht genießen.
Ich kann nicht sagen, warum, aber ich wache schon gegen halb sieben auf. Und bin gar nicht mehr müde. Es wird gerade erst hell, und deshalb stehe ich auf und ziehe mich an. Meine Freunde schlafen noch, ich will sie nicht stören, und so nehme ich den Fotoapparat, um die ersten Sonnenstrahlen festzuhalten.
Vorsichtig schleiche ich mich an Land; denn auf dem Fußabstreifer (der übrigens mit dem Bild einer Katze bedruckt ist), der neben unserer Gangway liegt, hat es sich eine Katze gemütlich gemacht und schläft. Es ist sieben Uhr, und die Sonnenstrahlen erreichen gerade die Kirchturmspitze; der Rest des Ortes liegt noch im Schatten der Landzunge vor dem Hafen. Ich laufe um den Hafen, mache Fotos vom Ort und unserem Schiff, und als ich zurück an Bord bin gibt es Frühstück.
Anschließend gibt es noch ein paar Sachen zu besorgen, die ich vom kleinen Supermarkt am Hafen hole, und um Viertel vor zehn legen wir ab. Wir haben Glück, es scheint nicht nur die Sonne, sondern wir haben auch einen schönen Wind; mit zuerst Reff 1 und dann Reff 2 kreuzen wir nach Südosten, zwischen Dugi Otok und Sestrunj entlang. Wieder einmal stellt sich die Frage, wohin wir fahren sollen: Zut ist noch ein ganzes Stück entfernt, aber die anderen Häfen im Süden von Dugi Otok sind ungeeignet (Brbinj ist zu nah, Luka und Zman zu klein, Sali gegen Jugo ungeschützt, und der Fährhafen Zaglav hat vermutlich kaum Platz für Yachten). Die Insel Iz passieren wir auf der Westseite, daher kommt Iz Veli, das auf der anderen Seite liegt, auch nicht mehr in Frage; aber der Wind dreht etwas ostwärts, was für uns günstiger ist, die Kreuzschläge werden länger. Leider wird der Wind auch schwächer, so dass wir ausreffen und dann eine Seemeile hinter dem Inselchen Krknata den Diesel anwerfen müssen.
Michael, der sich unten etwas ausgeruht hatte, löst mich jetzt am Steuer ab. Ich gehe nach unten und suche alle Zutaten zusammen, die man für einen Pudding braucht (und fluche über den Würfelzucker, weil ich ihn erst mühsam pulverisieren muss, bevor ich ihn verwenden kann), rühre ihn an und stelle ihn kühl. Weil heute vormittag der Wind so gut war, sind wir ziemlich weit gekommen, bis an das südliche Ende von Dugi Otok, und unser Ziel heißt jetzt Zut, das uns anfangs als zu weit erschien. Aber bis dorthin ist es noch ein Stück (leider weiterhin ohne Wind, dafür ist jetzt eine Wolkendecke aufgezogen), ich beschäftige mich mit dem Computer und schlafe ein bisschen (der Diesel ist irgendwie sehr einschläfernd).
In Zut angekommen duschen wir (seit Pula die erste Marina!), und jetzt kommt der Pudding zum Einsatz: ich mache eine Buttercrème-Torte, weil ich Geburtstag habe. Gelingt mir sogar einigermaßen, abgesehen von Klümpchen in der Crème, die ich aber auf den Würfelzucker und die zu harte Butter schiebe. Und dann gehen wir erst einmal auf den Berg! Auf dem Berg direkt hinter der Marina waren wir bereits vor einem Jahr - dort ist es schön, man hat eine coole Aussicht, Besucher haben Steinmännchen gebaut - diesmal biegen wir beim Aufstieg auf den südlichen „Nachbargipfel“ ab. Anfangs geht es durch hohes Gras mit stark zerfurchten Felsen dazwischen, aber weiter oben wandelt sich das Bild: hier hat es vor einiger Zeit gebrannt, es gibt kein Gras mehr, die zerfurchten, scharfkantigen hellen Felsen bestimmen die Landschaft. Das finden wir ziemlich überraschend - denn wenn es gebrannt hat, denkt man man große verkohlte Flächen mit angekokelten Pflanzenresten; aber dieser Berg ist genau das Gegenteil. Die Felsen leuchten weiß, wie als wären sie geputzt worden, die verbliebene Asche hat sich in den Felsritzen gesammelt, und die ersten frischen Grashalme, die nach dem Brand einen Neuanfang wagen, leuchten in einem saftigen Grün und kontrastieren effektvoll mit der rabenschwarzen Asche, aus der sie wachsen, und den hellen Felsen. Auch ein paar Sträucher gibt es hier oben; teilweise sind sie komplett verkohlt und ragen als bizarre schwarze Skelette in die Landschaft, teilweise aber nur unten etwas geschwärzt. Die Blätter weiter oben sind aber noch vorhanden, wenn auch gelblich oder rötlich verfärbt, und an der Spitze treibt frisches Grün aus. Es sieht wirklich großartig aus. Leider verdecken meist Schleierwolken die Abendsonne, ansonsten sähen die Farben noch intensiver aus.
Beim Abstieg können wir erkennen, dass jetzt ein Schiff nach dem anderen in die Marina einläuft, aber trotzdem wird der Steg nicht einmal halb voll. Zurück am Schiff wird sofort der traditionelle Nachmittagscappuccino gemacht (auch wenn es schon Abend ist), und wir essen die Torte. Danach sitzen wir gemütlich zusammen und lassen den Tag ausklingen, die Kunstflieger von gestern Abend kommen sind wieder zu sehen, ich mache draußen ein paar Nachtaufnahmen (währenddessen kommt ein Motorboot mit einem extrem starken Scheinwerfer herein, der die ganze Marina erhellt - keine Ahnung was das war) und wir schauen uns die Fotos gemeinsam n.
Zum Frühstück gibt es den Rest der Torte, anschließend fahren wir hinaus. Es ist praktisch windstill, und so schalten wir nach einer Weile den Motor aus, lassen uns treiben und genießen den strahlenden Sonnenschein. In der Ferne macht ein Flugzeug seltsame Manöver, und als es näher kommt, erkennen wir: es ist ein Wasserflugzeug zum Löschen von Waldbränden; anscheinend übt der Pilot das Aufnehmen und Abwerfen von Wasser. Irgendwann hat er keine Lust mehr, landet sein Flugzeug auf dem Wasser und macht eine Pause. Ja, einen kleinen Snack könnten wir jetzt auch gebrauchen, Basti will ein Kontrastprogramm zur ziemlich butterhaltigen Torte (was musste er auch die ganze restliche Crème essen, zusätzlich zu zwei Tortenstücken...), schließlich futtern wir Dosenwurst mit Tabasco.
Ja, so ein kleines Flugzeug wäre fein. Während das Schiff in der Flaute vor sich hindümpelt, könnte man mit einem Ultraleichtflugzeug (oder noch besser: Ultraleicht-Wasserflugzeug auf Schlauchboot-Basis) außenrum fliegen, die Gegend erkunden, Luftbilder machen... wir spinnen noch etwas über Flugzeuge, vertreiben uns die Zeit mit dem Test der neuen Druckluft-Hupe („Ecoblaster“ heißt das Ding und kann über ein Autoventil befüllt werden), und dann kommt endlich etwas Wind. Heiß auf Toppgenua, und wir fahren auf einem Raumwindkurs an Kornat entlang. Als wir zwischen Kakan und Zirje sind, raumt der Wind, und wir setzen einen Bullenstander. Das geht jetzt ganz leicht, dank Bastis Konstruktion: er hat durch einen freien Leinentunnel eine Leine vom Cockpit bis in den Mast und von dort aus bis in die Baumnock gezogen; so kann man den Baum jetzt als Kran benutzen, oder eben die Leine irgendwo an der Scheuerleiste einhängen, wodurch sie als Bullenstander fungiert. Basti zeigt uns dann noch die Reste von Bunkeranlagen auf Zirje und erzählt, dass während des kroatischen Unabhängigkeitskrieges Anfang der neunziger Jahre ein Kroate hier Geschütze aufgebaut hatte und von dort aus Richtung Festland feuerte, auf die serbischen Stellungen, die in den Bergen hinter Sibenik waren. Als Dank für seine kriegerischen Leistungen bekam er den Teil von Zirje geschenkt, auf dem seine Geschütze standen, und heute betreibt er ein Gasthaus.
Mit immer noch sehr wenig Wind dümpeln wir weiter, aber als wir 2/3 der Strecke zwischen Zirje und Primosten geschafft haben, hält es Basti nicht mehr aus und wirft den Diesel an. Er fürchtet, dass der kleine Stadthafen komplett belegt ist, deshalb fahren wir gleich in die Marina Kremik, die in der Nachbarbucht ist. Aber wir haben uns getäuscht: es ist Wochenende, das heißt Crew-Wechsel auf den Charterschiffen, die Marina ist randvoll. Die paar freien Plätze sind für Charterschiffe reserviert, dort lässt man uns nicht hin. Basti fährt mit dem Bug an den Kai, so dass ich aussteigen und in Ruhe von Land aus einen Liegeplatz suchen kann. Zwei Hafenarbeiter weisen uns zu einer Lücke zwischen zwei Eignerschiffen, und erweitern diese Lücke durch Umhängen von Leinen zu einem vollwertigen, aber immer noch engen Liegeplatz.
Nach der Ankunft essen wir was und erkundigen uns nach dem Pendelbus, der von der Marina in die Altstadt fährt; anschließend machen wir eine kleine Wanderung auf den Berg hinter der Marina. Auf einem Trampelpfad und an Steinmauern entlang steigen wir nach oben, und treffen dort auf einen Feldweg und kleine Felder zwischen den Steinmauern. Schön hier; wenn man zu dem Turm hochsteigt, dürfte die Aussicht noch besser sein - auf das Meer, die Marina und natürlich die Altstadt von Primosten; wir steigen wieder nach unten und nehmen uns vor, bei Gelegenheit den Sonnenuntergang von hier oben aus zu beobachten.
Zurück in der Marina machen wir uns fertig für den Stadtbesuch. Basti nimmt den Pendelbus, der ihn für einige Kuna bis vor das Stadttor der Altstadt bringt, und Michael und ich radeln. Wir fahren auf der nicht stark befahrenen Küstenschnellstraße entlang, die in sanften Steigungen über die Hügel geht, und halten zweimal zum Fotografieren an; denn von oben hat man einen schönen Blick auf die Altstadt von Primosten, die, ähnlich wie Rovinj, auf einer ovalen Halbinsel liegt. Am Stadttor treffen wir uns mit Basti, und es geht zu Fuß weiter. Viele Kinder sind hier unterwegs, und radeln durch die Gegend. (Das ist insofern auffällig, weil man in Kroatien normalerweise selten Radfahrer sieht, ganz im Gegensatz zu Slowenien.) Der Stadthafen ist zwar wirklich nicht groß, aber hier wären einige Plätze frei gewesen - Pech gehabt, wenige Wochen früher wäre das anders gewesen. Wir laufen durch die Stadt, in der viele Leute unterwegs sind und auch einige Verrückte, die mit Fahrrad oder Mofa herumheizen; am Hafen sehen wir, wie einer mit dem Mofa direkt in ein Café fährt, und ein Mountainbike mit einer Weinflasche im Getränkehalter...
Ansonsten ist Primosten eine typische kroatische Kleinstadt: enge Gassen, eine weiße Kirche mit dem charakteristischen, den Ort dominierenden Kirchturm (der, ebenfalls ganz typisch, nicht ohne Stromleitungen im Bild fotografierbar ist) und viel Leben (selbst wenn die Straßen leer sind, hört man Geräusche aus den umliegenden Häusern; die Stadt ist nie so tot wie eine deutsche Kleinstadt, die oft genug nur als Schlafstadt für Pendler dient). Eine Besonderheit von Primosten scheinen aber die Weinkeller zu sein: typischerweise steht drinnen nur ein riesiges Weinfass, an der Decke hängt Schinken, und die Gäste sitzen auf Holzbänken drinnen und draußen vor der Tür.
Durch das Stadttor, vor dem Kinder Fußball spielen, verlassen wir die Stadt und fahren zum Schiff zurück. Fazit: schön hier!
Wir duschen und frühstücken, und machen dann das Schiff fertig zum Auslaufen. Dabei unterhalten wir uns mit den Leuten vom Nachbarschiff, einem sehr netten Ehepaar aus Neu-Ulm. Sie sind auf einem kleineren Schiff, das ihnen in einer Eignergemeinschaft mit anderen Leuten gehört (mit allen Problemen, z.B. die Frage, wer Reparaturen usw. macht...); ihr Törn geht gerade zu Ende, am Montag kommt das Schiff aus dem Wasser und auf seinen Landliegeplatz. Mit dem Wetter hatten sie leider etwas Pech in den letzten zehn Tagen: entweder mussten sie Gewitter abwettern, oder hatten bei schönem Wetter nur Flaute und mussten dieseln. Sie erzählen uns noch ein paar andere Geschichten (z.B. wo sie zu spät gemerkt haben, dass der Leerlauf eingelegt ist und fast aufgelaufen wären), dann verabschieden wir uns und fahren hinaus. Das Wetter ist sehr schön, aber auch mit wenig Wind gesegnet. Unser eigentliches Ziel, Milna auf der Insel Brac, ist so nicht zu erreichen - trotz Toppgenua. Wir segeln an der Küste entlang, und dann in die Bucht, an deren östlichen Ende Trogir liegt. Das Einzige, was die Ruhe der windstillen Sommerhitze immer wieder unterbricht, sind die Flugzeuge, die von Westen kommend tief über Trogir einfliegen und am Flughafen von Split, der direkt hinter der Stadt liegt, landen. Irgendwann am Nachmittag kommen wir dann in Trogir an, nachdem wir das letzte Stück gedieselt sind.
Trogir, das ist eine wirklich faszinierende Stadt. Allein schon durch ihre Lage. Am Fuß der hier ziemlich steilen und hohen Küstengebirge liegt die Stadt mit den vielen Türmen auf einer kleinen Insel, die im Norden von einem schmalen, nur wenige Meter breiten Wasserlauf und im Süden von einem deutlich breiteren Kanal begrenzt wird. Dieser Kanal verbindet die große Bucht westlich der Stadt mit den Gewässern vor Split, an seinem Südufer liegt die Marina, und auf der Ostseite versperrt eine sehr niedrige Brücke allem, was größer als ein Schlauchboot ist, die Durchfahrt. Wir nähern uns der Stadt also von Westen, und fahren an dem dicken, zinnenbewehrten Turm und der daran anschließenden, mit Palmen ausgestatteten Uferpromenade entlang, wenden, und quetschen uns in die gegenüber liegende Marina. Wochenende, Crew-Wechsel bei den Charterschiffen, volle Häfen, aber wir haben einen Platz bekommen.
Gut, dann können wir gleich in die Stadt gehen. Wir laufen an der Marina und den dahinter liegenden Fischerbooten entlang, und dann über die oben erwähnte Brücke in die Stadt. Hier drüben, an der breiten Uferpromenade, machen die Luxusyachten fest; einige kapitale Exemplare liegen schon dort. An einem Schiff, das vorhin erst angekommen ist, kommt ein Mann die seitliche Gangway herunter und installiert unten einen edlen Fußabstreifer sowie links und rechts davon ein Buchsbäumchen im Topf. Wow, eine effektvolle Darstellung von dekadentem Luxus, ich glaube, sowas brauchen wir auch!
Wir schauen hinter bis zu dem dicken Turm an der Ecke der Stadtmauer, und gehen dann durch das Stadttor in die engen Gassen der Stadt hinein. Die Straßen sind alle mit sehr ebenmäßig verlegten Steinplatten gepflastert, die sich im Laufe der Jahre spiegelglatt geschliffen haben und manchmal in der Abendsonne glänzen - das, und sicher auch die hohen und vornehm aussehenden Gebäude (die die Gassen eng aussehen lassen, obwohl jene meist eine ordentliche Breite haben - im Vergleich zu kleinen Dörfern wie Bozava) sowie die stattlichen Kirchtürme lassen die Stadt vornehm, ja eigentlich richtig edel wirken. Faszinierend sind auch die Hinterhöfe und Durchgänge, die oft sehr verwinkelt sind und mit Treppen und Bögen ausgestattet sind; ein paar Blumentöpfe oder Wäscheleinen bilden Farbtupfer im hellgrauen Stein. Und obwohl manche Ecken der Stadt tatsächlich hr verwinkelt sind, manchmal Lampen, Schilder und Stromleitungen kreuz und quer über unseren Köpfen verlaufen und an manchen wenigen Gebäuden Gras aus Löchern in der Fassade wächst - irgendwie sieht es nie unordentlich und verkommen aus, sondern höchstens wie eine kleine Unregelmäßigkeit. Trogir rinnert mich insgesamt ziemlich an Rab, ebenfalls eine sehr schöne Stadt.
Auf der anderen Seite der Stadt angekommen, laufen wir zum Markt, weil wir uns frischen Fisch zum Abendessen kaufen wollen. Aber nirgendwo ist welcher zu bekommen; scheinbar sind die Kroaten keine großen Fischesser. Na gut, dann gehen wir eben in die Metzgerei nebenan (in der ein dicker Hackklotz steht) und kaufen uns Koteletts. Zurück am Schiff stellen wir fest, dass noch etwas Salat-artiges schön wäre, daher laufe ich noch einmal zum Markt und kaufe Tomaten. Immer noch ist das Gehupe von den Autos zu hören, die vermutlich zu der Hochzeitsgesellschaft gehören, die wir vorhin gesehen haben - mit der kroatischen Flagge sind sie durch die Straßen gezogen.
Nach dem sehr leckeren Essen gehen wir noch einmal in die Stadt; inzwischen ist es dunkel geworden, und die Stadt ist wunderschön beleuchtet. Nicht umsonst, wie wir sehen: sehr viele Leute sind noch auf den Beinen, vor allem an der Hafenpromenade spazieren viele junge Leute in Gruppen unter den Palmen auf und ab. Wir haben unsere 3D-Fotoausrüstung dabei, und suchen uns interessante Motive, von denen es in der Stadt mehr als genug gibt - alte Mauern, Schiffe am Hafen, enge Gassen und Durchgänge. Eine der Gassen heißt übrigens „Kohl-Genscher“-Straße, aus Dank dafür, dass sich diese Politiker für die Unabhängigkeit Kroatiens eingesetzt haben.
Fazit: Trogir ist absolut sehenswert, tagsüber und nachts!
Das schöne Wetter ist vorbei, der Himmel ist stark bewölkt, und es gibt Starkwind. Dummerweise genau von Süden, d.h. wir müssen kreuzen, mit gerefften Segeln. Zeitweise regnet es leicht, was zusammen mit dem kräftigen Wind eine widerliche Mischung ergibt, aber es geht schnell wieder vorbei. Kurz nach Mittag kommen wir in die Nähe von Brac, fahren zur engen Durchfahrt zwischen den Inseln Solta und Brac, wo Milna liegt, und biegen in die Bucht von Milna ab. An noblen Häusern und später an der Fischfabrik vorbei geht es zum Hafen, wo wir etwas warten müssen. Es legt nämlich gerade ein Motorboot an, das mit dem starken Wind zu kämpfen hat (der Skipper löst die Situation aber relativ clever - sieht man selten), erst dann hat der Angestellte von der Marina für uns Zeit.
Bei uns klappt das Hafenmanöver auch ordentlich und zügig - und letzteres war wichtig, weil gleich, nachdem wir angelegt haben, fängt es an zu schütten. Es bläst immer noch der Schirokko, und entsprechend lagern sich auf dem ganzen Schiff raue Mengen von bräunlichem Sahara-Sand ab. Was höchstwahrscheinlich den Basti später zu einer Schiff-Abspritz-Orgie animieren wird. Aber momentan kümmert uns der Regen wenig, wir sitzen unten im Salon und trinken einen Cappuccino.
Irgendwann hat sich das Wetter wieder stabilisiert; es ist immer noch feucht und dank der geschlossenen Wolkendecke kommt keine Sonne durch, alles wirkt trüb und grau-in-grau, aber man kann sich zumindest wieder nach draußen trauen. Was wir auch tun, wir machen einen Rundgang durch den Ort. Einmal von der Marina bis zum Ende des Stadthafens, viel mehr gibt Milna nicht her - und so sind wir bald wieder zurück am Schiff, das Basti mit dem Wasserschlauch abspritzt, während ich die Fax-Fähigkeiten des Psion teste, eine Karte der umgebenden Inseln male und diese über das Handy nach Hause faxe. Funktioniert!
Abends ziehen wir noch einmal los; nachdem wir gestern so faszinierende Motive zur 3D-Fotografie gefunden haben, müssen wir es heute noch einmal probieren. Das Fotografieren bei Nacht hat immerhin den Vorteil, dass das Wetter und die Bewölkung keine Rolle spielen, es hängt nur von der künstlichen Beleuchtung ab. Zuerst wollen wir einen Überblick über den Ort, und steigen dazu irgendwo vom Stadthafen aus auf den dahinter liegenden Berg; der Weg wandelt sich zu einem Hohlweg zwischen Steinmauern, plötzlich liegt ein starker Duft von Pfefferminz in der Luft - aber von keiner Stelle aus kann man den Hafen sehen. Wieder unten finden wir bei der Kirche ein paar Motive (bei einer Säulengalerie und unterhalb bei der Steintreppe mit Statue), aber den ersehnten Hafenüberblick bekommen wir dann von der anderen Seite aus, hinter der Marina.
Um elf Uhr vormittags fahren wir los. Es ist dunstig und dampfig vom Regen, aber wenigstens ist Wind. Er kommt immer noch von Süden, d.h. ein Vorwindkurs, und unsere Selbstwendefock macht immer wieder eine Patenthalse. Wir setzen zusätzlich das Groß im Reff 2, und reffen komplett aus, als dann der Wind nachlässt. Wenigstens kommen wir zügig voran. Aber eine Weile später erfahren wir den Unterschied zwischen scheinbarem und wahrem Wind, denn letzterer ist unbemerkt stärker geworden und reißt das Schiff in eine ziemliche Krängung, als wir anluven.
Das Wetter wird langsam besser, der Dunst verzieht sich, die Bewölkung reißt auf, und bei Sonnenschein erreichen wir die Insel Drvenik Veli. Sie hat keinen richtigen Hafen, sondern nur eine im Bau befindliche Marina (ein Steg hinter dem Wellenbrecher, ohne Murings und noch ohne Strom und Wasser), und weil dort alle Plätze belegt sind, legen wir an einem anderen Betonsteg ein Stück entfernt an. Eine weitere Festmachmöglichkeit ist ein Kai zwischen unserem Steg und dem Wellenbrecher, aber Wassertiefe dort ist fraglich. Basti schickt mich zweimal hin, den Platz zu inspizieren, aber ich bin nicht überzeugt. Es könnte knapp werden, so genau kann ich das nicht abschätzen; aber vor allem gibt es hier keine Poller, man müsste das Schiff an einem Ring, der irgendwo hängt, und einer Säule vor einem Häuschen festmachen. Nicht ideal. Zum Glück legt ein Schiff vom Wellenbrecher ab, wir und ein anderes Schiff fahren dorthin, und mit Hilfe der anderen Skipper, die ihre Schiffe etwas näher zusammenrücken, passen wir alle hin.
So, jetzt haben wir also einen guten Liegeplatz - aber was tun? Wir könnten uns erst einmal einen Überblick verschaffen. Unten am Wasser entlang laufen wir in den Ort; alles wirkt hier sehr verschlafen, kaum ein Mensch ist zu sehen, und rst recht kein Kind. Es ist eine Insel der Alten, vermutlich sind alle jungen Leute auf der Suche nach besseren Jobs abgewandert. Obwohl Trogir und Split nur einen Katzensprung entfernt sind, ist man doch von diesen lebendigen Städten absolut abgeschnitten, es gibt keinen ordentlichen Hafen auf der Insel, lediglich die tägliche Fähre sorgt für einen Kontakt zur Außenwelt. Nur die Flugzeuge, die ab und zu die Insel tief überfliegen und in einer Kurve auf den Landeanflug nach Split einschwenken, erinnern daran, dass man nicht so abgelegen ist, wie es scheint.
Ja, alles ist hier etwas weniger perfekt als anderswo: der Weg von der im Bau befindlichen Marina in den Ort besteht nur aus grobem Schotter, wir begegnen einer Häuserruine, die innen komplett zugewuchert ist, und am Fischerhafen sind die Boote ebenfalls nicht auf dem neuesten Stand; am Kai liegt sogar ein vollkommen verrottetes russisches Rettungsboot, und auch die betonierte Flächen rund um den Hafen haben viele Risse und Löcher, sie bestehen teilweise mehr aus Flicken als aus zusammenhängenden Stücken. Dafür fallen uns hier die Tiere auf; und zwar nicht die Katzen, die es überall in Massen gibt, sondern viele kleine Krebse an den Betontreppen im Fischerhafen, und Seeigel auf den Felsbrocken rund um den Wellenbrecher, die sich anscheinend von Algen ernähren (rund um die Seeigel sind die Felsen blank geputzt).
Nachdem wir noch bei der Kirche oben waren, laufen wir zurück zum Schiff, und dann an der Bucht entlang weiter nach außen. Dort steigen wir querfeldein durch die Büsche zu der Felskante hoch und stemmen uns an einem engen Kamin nach oben. Aber hier oben gibt es auch nichts Besonderes, nur Gestrüpp und ein paar Trampelpfade; lediglich die Aussicht auf unseren Steg ist ganz nett. Und so rbeiten wir uns wieder zurück in Richtung Ort, bei den Häusern finden wir einem Weg nach unten, wo wir durch einen Garten mit Ziegen absteigen.
Abends, nach dem Essen, machen wir noch einmal eine Wanderung durch die Nacht; wir bringen den Müll weg (Mülltonnen entdecken wir nur am Fähranleger), und laufen dann weiter hinter dem Ort beim Regenwassersammler auf den Berg hinauf. Hier oben ist nichts Besonderes, nur ein Cronet-Mobilfunkmast, aber nicht die erhoffte Aussicht auf den Ort. Beleuchtet ist sowieso fast kein Gebäude, außer dem Kirchturm, und den sieht man von hier aus auch nicht so gut. Und weil erst recht hier oben nirgendwo auch nur die kleinste Lichtquelle ist und auch der Mond nicht scheint (wir haben Halbmond, er ist schon untergegangen), beleuchtet nur das schwache Licht der Sterne unseren Weg - was uns zu einem Foto animiert, bei dem dank Langzeitbelichtung und Beleuchtung mit der Taschenlampe Basti mehrfach zu sehen ist.
Auf dem Rückweg schauen wir noch bei der Kirche vorbei, die etwas Besonderes ist: das Gebäude ist eine Ruine, in der das eigentliche Kirchengebäude steht (welches natürlich abgeschlossen ist), und durch eine rosettenförmige Fensteröffnung der umgebenden Ruine fällt Licht auf das innere Gebäude. Wir sitzen noch ein paar Minuten vor der Kirche herum, bis ein Wetterleuchten in der Ferne uns langsam zum Schiff zurücktreibt - jedoch unbegründet; in der Ferne sind starke Gewitter und viele Blitze zu sehen, wir bleiben aber verschont.
Heute gönnen wir uns einen Faulenzertag. Wir schlafen lange, frühstücken spät und hängen herum; es ist wolkenlos und heiß. Basti versucht (leider erfolglos) zu angeln, repariert dann die Wasserpumpe (die durch Dreck in den Dichtungen das Wasser nicht halten konnte und so andauernd wieder anlief), und gegen drei Uhr nachmittags machen Michael und ich uns mit den Fahrrädern auf, ein paar Dinge drüben im Ort einzukaufen. Der Laden hat geschlossen (nur vormittags und ab 17 Uhr geöffnet), und so schauen wir uns auf der Insel um. Zuerst geht es um den Hafen herum zur Statue auf der anderen Seite, und dann am Regensammler vorbei auf einer sehr steilen Schotterstraße den Berg hinauf. Oben entdecken wir einen Hubschrauberlandeplatz (hier muss heute früh der Hubschrauber gelandet sein, den wir gehört haben), und folgen dem hügeligen Weg weiter zur Südostseite der Insel, wo wir zugestaubt ankommen. Hier stehen auch ein paar Häuser; die Leute hier leben ziemlich abgekoppelt, auf einer verschlafenen Insel im hintersten Winkel, der nur über eine kilometerlange Schotterstraße von schlechter Qualität zu erreichen ist. Aber es ist schön hier: zwei kleine Inselchen sind dem Ufer vorgelagert, das seichte Wasser schimmert türkisblau, und zwei Stege führen auf das Wasser hinaus. Falls es hier irgendwo mit dem Tiefgang klappt, wäre das ein schöner Ankerplatz.
Auf dem Rückweg schieben wir die Räder auf den steilen Anstiegen, fahren das restliche Stück, und warten am Hafen auf einer Bank noch eine halbe Stunde, bis das Geschäft aufmacht. Seine Auswahl ist zwar nicht umwerfend, aber wir bekommen, was wir brauchen, und fahren zurück zum Schiff. Dort springen wir noch einmal ins Wasser, und verspeisen anschließend zum Abendessen Nudeln mit Knoblauch und Öl.
Unsere Planung für heute ist, nach Primosten in die Marina Kremik zum Tanken zu fahren, und dann weiter nach Zirje. Also ein etwas größerer Schlag, deshalb fahren wir schon um 8 Uhr los. Kurz darauf beginnt es zu regnen, aber es nur ein leichter Schauer, der so schnell verschwindet, wie er gekommen ist. Wind ist natürlich auch keiner, wir müssen dieseln. Gegen zehn Uhr sind wir in der Marina Kremik und wollen an der Tankstelle anlegen, aber wir werden abgewunken: wegen eines Stromausfalls ist die Tankstelle noch bis mindestens Mittag außer Betrieb. Dann müssen wir wohl warten; wir machen einen Buganleger am Steg, um zu fragen, ob wir festmachen können, bis die Tankstelle wieder öffnet - aber uns wird mitgeteilt, dass man ab zwei Stunden Liegezeit einen Tagesliegeplatz bezahlen muss. Das ist uns natürlich zu teuer, und wir fahren auf die andere Seite der Bucht (bei der Fischzucht), um uns dort treiben zu lassen und zu warten. Währenddessen nutzt Basti die Zeit zu Wartungsarbeiten, denn das Steuerbordklo ist verstopft.
Dann kommt auch noch ein Gewitter, und uns wird langsam klar, dass es heute nichts wird mit der Ankerbucht auf Zirje. Wir nehmen uns doch einen teuren Tagesliegeplatz in der Marina und warten ab. Irgendwie haben wir heute schon Pech: das Wetter ist unfreundlich, Tankstelle zu, teurer Liegeplatz, Klo verstopft, auch der neue Wasserfilter ist undicht (hat Basti vor der Reise gekauft, um in Zukunft Dreck von der Pumpe fern zu halten). Als Basti hließlich noch Kaffee verschüttet, meint er, die Ursache für das Pech gefunden zu haben: die Zahl 13. Heute ist der 26. September (26 = 2*13), wir haben die 39. Kalenderwoche (39 = 3*13), es ist der 13. Törn mit diesem Schiff, und seit unserer verheerenden Physik-Klausur sind ebenfalls 13 Tage vergangen.
Angesichts dieser Aussichten bleiben wir für den Rest des Tages im Hafen. Und weil wir nicht wissen, ob die Tankstelle morgen wieder einen Ausfall hat, nehme ich den Reservekanister, schnalle ihn auf das Brompton und hole damit von der Tankstelle etwas Diesel.
Dann ist es auch schon Abend, und die Fotosession auf dem Berg steht an. Diesmal gehen wir über einen Trampelpfad, der in der Nähe des Eingangs der Marina beginnt (und durch ein Loch im Zaun geht) und hoffen, dass der Weg, auf den wir treffen, nach oben führt. Pech gehabt, er geht um den Berg herum. Also machen wir uns auf den direkten Weg durch das Gebüsch - es eilt, denn der Sonnenuntergang rückt näher. Die tief stehende Abendsonne wirft einen Lichtstreifen auf das Wasser und lässt die kleinen Inselchen vor der Marina zu hwarzen Silhouetten werden - perfekt, um 3D-Fotos zu machen. Wir rüsten unsere Kameras auf dem Stativ auf und knipsen ein paar Mal das Meer und die Altstadt, und dann noch ein Mal die Altstadt mit vergrößertem Kameraabstand. Dazu bekommt jede Kamera ihr eigenes Stativ, sie werden nebeneinander in einigen Metern Entfernung aufgestellt, wir stellen penibel den gleichen Bildausschnitt bei beiden ein, und fotografieren. Inzwischen hat die Dämmerung eingesetzt, und aus dem bläulichen Restlicht, in das die Stadt getaucht ist, leuchten die ersten Lampen.
Heute scheint die Sonne, am Himmel sind nur vereinzelte Cirruswolken zu sehen, und es gibt Wind. Wir legen ab, machen noch einen Zwischenstopp an der Tankstelle und machen den Tank voll, und segeln dann los (ungerefft und mit Toppgenua), Richtung Zirje; auf einem Amwindkurs geht es nach Nordwesten, das Wasser hat kaum Wellen, der frische Wind bringt uns eine flotte Geschwindigkeit und dank der Sonne ist es schön warm. So etwas gibt es selten! Und weil das Segeln so viel Spaß macht, lassen wir Zirje links liegen, tauschen die Toppgenua durch die Selbstwendefock aus (weil der Wind stärker geworden ist) und fahren bis auf die Höhe von Kornat. Genial, wie sich die Sonne vor dem Bug in den Wellen spiegelt! Um südlich von Kornat vorbei zu kommen, müssen wir ein paar Schläge aufkreuzen, und motoren dann, weil hier viele kleine Inselchen sind. Wir werfen einen Blick in die südlichste Bucht von Kornat, aber die ist schon belegt; an der Westseite der Insel tuckern wir noch ein Stück entlang, bis wir zur Insel Lavsa kommen. Diese Insel ist bergig, wie alle anderen, aber sie hat eine sehr tief eingeschnittene Bucht, die bis ungefähr drei Viertel des Inseldurchmessers in die Insel hineinragt. Ein wunderschöner Liegeplatz; es gibt zwar keine Bojen, aber am Grund liegen schwere Ketten, an denen man sich festmachen kann. Mit Schrittgeschwindigkeit tuckern wir in die Bucht und halten Ausschau nach einem Ankerblock; ich habe Flossen und Taucherbrille an, sitze auf dem Bugkorb, und als wir einen Block erspähen, springe ich mit einer Leine ins Wasser. Den Ankerblock und die Kette finde ich trotzdem nicht auf Anhieb, weil das Wasser etwas trüb ist und man nur wenige Meter weit sieht.
Es ist inzwischen Nachmittag; wir holen das Schlauchboot aus der Backskiste, pumpen es auf und bereiten uns für den Landgang vor. Zuerst rudern wir zur Nordseite der Bucht und steigen dort auf den felsigen Berg. Er ist nicht sehr hoch, trotzdem hat man eine schöne Sicht über die Bucht mit den Schiffen darin und hinüber nach Kornat. Nach einem kurzen Aufenthalt steigen wir wieder ab, um auf den Berg auf der anderen Seite der Insel, der etwas höher ist, zu steigen. Basti nimmt das Schlauchboot, um vom Schiff die Mülltüten an Land zu bringen, und Michael und ich laufen zu Fuß um die Bucht herum - was länger dauert, weil es keinen Weg gibt, sondern Felsen am Wasser und Gebüsch weiter oben; manchmal läuft es sich unten und manchmal oben besser. Am Ende der Bucht ändert sich das Bild etwas: hier ist das Ufer flach und sandig statt steil und felsig, ein kleines bisschen Schilf ist vorhanden, und auch im Wasser gibt es ein paar kleine Sandbänke mit Algenbewuchs.
Hier gibt es auch einen aufgeschütteten Weg am Ufer entlang, der vermutlich weiter zu den paar Häusern führt, die auf der Südseite der Bucht stehen. Wir biegen bei einem schief stehenden Baum nach rechts ab, wo ein Pfad abzweigt und zwischen Steinmauern, die kleine Felder und Gärten umgeben, entlangläuft. Wir kommen an Zäunen aus Zweigen (einer sogar mit etwas Fischernetz verstärkt), Hecken und ein paar großen Bäumen vorbei, laufen um ein paar Ecken, und sind dann am Fuß des südlichen Berges, der genauso felsig wie alle Berge hier in den Kornaten ist. Etwas gehetzt rennen wir nach oben, nur wenige Male unterbrochen durch kurzes Stehenbleiben für ein Foto, weil die Sonne schon tief steht - wir wollen den Sonnenuntergang vom Gipfel aus erleben.
Wir schaffen es rechtzeitig. Hier oben sind auch wieder ein paar Steinmännchen, und wir haben einen schönen Blick auf die Umgebung. Die Abendsonne taucht die Westseite von Kornat in ein goldenes Licht, der Himmel ist strahlend blau, während die ACI-Marina in den Kornaten, die man von hier aus im Norden sehen kann, bereits im Schatten der Nachbarinsel liegt. Die Bucht, in der unser Schiff liegt, sieht von hier wie ein See aus. Nach zehn Minuten ist die Stimmung schon wieder spurlos verschwunden, und die Dämmerung setzt ein. Wir machen uns an den Abstieg (diesmal auf direktem Weg zu den Häusern, wo das Schlauchboot liegt), dabei fallen mir große Spinnen (ca. 3 cm, in ihren Netzen sitzend) im Gras zwischen den Felsen auf. Während das letzte Abendrot über den Hügeln im Westen verschwindet, rudern wir zum Schiff zurück, und machen dann das Abendessen (Reis mit Erbsen). Es ist absolut Windstill, das Wasser ist glatt, und im Westen geht der Mond auf - diese idealen Voraussetzungen nutze ich für Langzeitbelichtungen, für die ich den Fotoapparat mit einer Klemme am Bugkorb, an der Reling und Ähnlichem befestige. Die Ergebnisse sind cool: das Schiff ist absolut scharf, das Wasser verwischt, und die Topplichter der anderen Schiffe und der Mond erscheinen als waagerechte Striche.
Der Blick zum Himmel um zehn Uhr verspricht wieder einen sehr sonnigen Tag, kaum eine Wolke ist zu sehen - höchste Zeit, loszufahren. Großes haben wir heute nicht vor, wir wollen noch einen Tag in den Kornaten bleiben, und so stört uns auch nicht, dass fast kein Wind ist. Das Wasser ist fast glatt, und wir gleiten gemächlich und lautlos auf einem Vorwindkurs dahin, Richtung Vrulje - der größte Ort in den Kornaten, aber trotzdem nur ein kleines Dorf mit einigen Dutzend Häusern. Es liegt am Ende einer schmalen Bucht auf der Südwestseite der Insel Kornat; in der Mitte der Bucht werfen wir den Anker, und ich springe mit Schnorchel und Flossen ins Wasser, um ihn noch einmal zu kontrollieren. Weil es so schön ist, bleibe ich noch einige Minuten im Wasser, bis ich von einem Motorboot verscheucht werde. Es ist kräftig motorisiert (100 PS) und gehört zu einer Motoryacht, und der Mann, der es steuert, sagt, sie würden einen Film drehen. Tatsächlich steht am anderen Ufer jemand mit einer kleinen Videokamera, und ein zweites, kleineres Motorboot zieht eine Frau auf Wasserski - die sich aber nur mehr schlecht als recht auf den Brettern halten kann, stocksteif und krampfhaft das Zugseil umklammert und immer wieder spektakulär stürzt. Was ist denn das für eine seltsame Filmproduktion - eine Luxusyacht unter südlicher Sonne, ein Kameramann mit einer einfachen Videokamera, eine Hauptdarstellerin mit unfreiwilliger Komik und im ziehenden Motorboot ein auffallend gut gebauter Mann...
Nachdem wir dem Treiben eine Weile zugeschaut haben, packen wir unser Schlauchboot aus, pumpen es auf und rudern an Land; zu Fuß geht es weiter über einen felsigen Pfad nach Vrulje. Basti erzählt uns, dass im zweiten Weltkrieg deutsche Kampfflugzeuge die Häuser auf Lavsa bombardiert haben, weil sie dort eine Partisanenwerft vermuteten; tatsächlich befand sich die Werft aber hier, in Vrulje, nur wenige Meilen entfernt. Der Ort liegt ganz hinten an der letzten Spitze der Bucht, mit einfachen, fast etwas kargen Häusern, die mit dem typisch kroatischen Betonwegen aus auf den Fels gekleckst wurden. Manche Wege bestehen aber einfach nur aus Schotter. Wir laufen auf der anderen Seite des Orts ein Stück weit auf den Berg hinauf, um eine bessere Aussicht zu haben: über die hellgrünen Hügel, mit dem streifenförmigen Muster der Felsen strukturiert und von endlosen Mauern überzogen, und dazwischen das blaue Band, das vom tiefblauen Wasser der Bucht gebildet wird. Es ist wieder einmal so eine karge, minimalistische und vielleicht genau deshalb so beeindruckende und faszinierende Landschaft. Wie überhaupt die ganzen Kornaten, die sicher eines der absoluten Highlights der östlichen Adriaküste sind.
Nachdem wir wieder zurück am Schiff sind, machen wir uns noch schnell einen Cappuccino (und beobachten dabei das Müllschiff, wie es die am Ufer bereitgestellten Müllsäcke abholt), lichten wir den Anker, lassen das Schlauchboot aber aufgeblasen. Als wir weit genug draußen sind, drehen wir bei; ich setze mich mit Fotoapparat in den Schlaucher, und Basti und Michael segeln vor mir hin und her, um endlich einmal ordentliche Fotos vom eigenen Schiff in Action zu bekommen. Dank Kaiserwetter, schön konstantem Wind und der riesigen Toppgenua werden die Fotos auch wirklich beeindruckend - aber kaum zu glauben, wie schnell das Schiff schon bei so wenig Wind an der Kamera vorbeirauscht. Nach ein paar Vorbeifahrten sind ausreichend viele Fotos gemacht, ich gehe wieder an Bord, und wir segeln weiter nach Norden, immer an Kornat entlang. Der Wind ist etwas stärker als heute Vormittag, aber trotzdem noch nicht berauschend; wir können gerade so auf die Toppgenua verzichten, und die stattdessen verwendete Selbstwendefock erleichtert das Kreuzen zwischen den Inseln deutlich. Als wir zu der Engstelle bei der Burgruine auf Kornat kommen, sehen wir ganz in der Nähe eine Motoryacht - es sind wieder die Wasserski-Clowns von heute Mittag. Aber sie verschwinden, statt uns wieder zu nerven.
Inzwischen ist später Nachmittag, und wir biegen in die Bucht von Sibnate ab. Schöne Buchten gibt es in der Gegend einige, aber hier ist an Land der höchste Berg, der die beste Aussicht verspricht. Wir machen unter Segeln an der Boje fest, und machen uns anschließend für den Landgang bereit. Fotoausrüstung wasserdicht verpacken, Schlauchboot aufblasen, und schon sind wir bereit, das kurze Stück bis zum Ufer hinüber zu rudern. Hektisch rennen wir nach oben, springen über die Felsbrocken und steigen über die Mauern, immer Stufe um Stufe der natürlichen Terrassen nach oben, getrieben vom nahenden Sonnenuntergang, dem wir zuvor kommen wollen. In zwei Peli-Boxen haben wir fast unser gesamtes Equipment dabei, zwei Spiegelreflexkameras und Stativ (für 3D-Fotos), ein Fisheye- und ein Teleobjektiv, eine Digitalkamera und ein GPS - und bei letzterem fällt mir auf, dass es irgendwie spinnt. Drei der Trackpoints weichen nämlich stark von ihrer wahren Position ab, sie befinden sich irgendwo 70 Seemeilen östlich von Prag (!), was auch den neuen Stand der Maximalgeschwindigkeit von 434 kt erklärt... ich schiebe diesen Effekt auf Reflexionen im Kunststoffgehäuse der Peli-Box (was aber wohl nicht die Ursache war).
Wir sind diesmal nicht so spät dran wie auf Lavsa, und können ausgiebig die Aussicht genießen und fotografieren (konventionell wie auch 3D-Fotos): die streifenförmig gemusterten grünen Hügel der Insel Kornat, die sich wie bei einer Perlenkette aufgereiht bis weit nach Süden hinziehen, die wenigen kargen Büsche, die ihre dürren Äste wie Finger in den tiefblauen Himmel strecken, die Steinmännchen auf dem Berggipfel, die felsigen Inselchen im dunkelblauen Meer ringsum, und natürlich unser Schiff, wie es unten in der Bucht an der Boje liegt.
Gegen 18 Uhr haben wir genug, und machen uns an den Abstieg. Der Mond ist inzwischen aufgegangen, und steht als Halbmond am Südosthimmel über den grünen Hügeln der Insel; eine Dreiviertelstunde später geht die Sonne unter, wir sind inzwischen fast unten, und können den tiefroten Feuerball beobachten, wie er im Meer versinkt. Häufig passiert es, dass die Sonne hinter einer tief stehenden Wolkenschicht am Horizont verblasst und sich scheinbar auflöst, aber heute können wir sie bis zum Verschwinden unter dem Horizont beobachten. Mit dem letzten Licht des Tages rudern wir hinüber zum Schiff, räumen das Schlauchboot auf und fangen mit den Vorbereitungen des Abendessens an. Wir sind ganz allein in der Bucht, und auch weit und breit ist kein Licht zu sehen - außer vom Leuchtturm, der ein paar Inseln weiter ist. Es ist absolut ruhig, kein Lüftchen rührt sich, Meer und Inseln liegen unter dem fahlen Mondlicht - aber plötzlich hören wir das Tuckern eines Bootes aus der Ferne. Sind das vielleicht Angestellte des Nationalparks, die kontrollieren, welche Schiffscrews ihr Eintrittsgeld noch nicht bezahlt haben? Gestern und heute sind wir ihnen nicht begegnet, und darum müssen wir sie jetzt nicht auch noch anlocken: alle Lichter aus, wir tarnen uns, ziehen die Vorhänge zu, und kochen unsere Spaghetti Carbonara nur im funzeligen Licht einer Kerze. Vermutlich waren es aber nur ein paar Fischer; zumindest hat sich das Boot nicht für uns interessiert. Nach dem Essen sitzen wir noch lange draußen im Cockpit unter Mond und Sternen, um die laue Spätsommernacht zu genießen.
Heute ist wieder ein sonniger, fast wolkenloser Tag. Wir legen unter Segeln ab und fahren mit wenig Wind das kurze Stück bis zur Durchfahrt „Mala Proversa“, die Dugi Otok und Kornat trennt. Durch die Durchfahrt selbst muss man natürlich motoren; sie ist sehr eng, und es erfordert volle Konzentration, das Schiff in sicherem Abstand von den Tonnen zu halten - vor allem, wenn auch noch Gegenverkehr ist. Diese Durchfahrt ist zwar ein Stück schmäler als die südlicher gelegene Vela Proversa, jene ist aber zu flach, und diese gerade tief genug. Mit der Durchfahrt verlassen wir auch den Kornati-Nationalpark; niemand ist gekommen, um die Nationalparksgebühr zu kassieren, wir haben noch einmal Glück gehabt.
Als nächstes Ziel steuern wir gegen Mittag die Stadt Sali im Süden von Dugi Otok an, weil wir noch ein paar Sachen einkaufen müssen. Neben dem Fähranleger (den die Fähre gerade wieder verlässt) machen wir am Kai fest und suchen erst einmal eine Bank mit Geldautomat. Wir sind fast pleite! Aber auf dieser Insel gibt es gar keinen Geldautomaten. Dann müssen wir eben unsere spärlichen Finanzen zusammenkratzen, für einen Einkauf sollte es auf jeden Fall noch reichen. Michael und ich gehen in den kleinen Supermarkt beim Hafen, laden die Dinge, die auf unserem Einkaufszettel stehen, in den Korb - und bekommen an der Kasse dann einen Schock: das Geld reicht nicht einmal für diesen Einkauf (egal wie oft wir die vielen Münzen durchzählen). Aber es fehlt nicht viel, der Verkäufer erlässt uns die zwei Kuna; er ist wohl froh, sein Geschäft endlich zur Mittagspause zusperren zu können. Weil wir jetzt überhaupt kein kroatisches Geld mehr haben, suchen wir eine Möglichkeit, zumindest Geld tauschen zu können. Aber ebenfalls Fehlanzeige: die Bank hat heute überhaupt nicht geöffnet, und die einzige Wechselstube schon seit Mittag geschlossen.
Tja, dann müssen wir uns ohne Geld durchschlagen. Wir holen die Gangway an Bord und legen ab, mit Kurs Richtung Heimat segeln wir an Dugi Otok entlang. Am päten Nachmittag sind wir auf der Höhe von Brbinj, fahren dort in die nördliche der beiden Buchten und legen an einer Boje an. Brbinj kennen wir schon vom letzten Jahr - ein wunderschön gelegener Ort zwischen zwei Buchten mit kristallklarem Wasser. Damals waren wir in der kleineren Südbucht, wo die Schiffe zwischen Bojen und Landfesten parallel liegen und man gut tauchen kann. Dieses Mal sind wir in der größeren Nordbucht, in der auch ein Fähranleger ist (es kommt auch gerade eine Autofähre). Nach dem Anlegen gehen wir schwimmen, und genießen später den Sonnenuntergang, der den Ort mit Kirchturm in ein goldenes Licht taucht. Zum Abendessen gibt es Spaghetti mit Pilzen.
Von heute gibt es nicht viel zu berichten. Weil es praktisch windstill ist, fahren wir erst um halb elf raus, und arbeiten uns dann mit sehr wenig Wind (aber Sonnenschein) vorwärts. Bei Sestrunj wird es besonders zermürbend: das Schiff segelt sowieso schon so langsam, und dann muss hier auch noch ein Strom von fast zwei Knoten stehen - wir kreuzen mit effektiv einem Knoten Fahrt dagegen an. Irgendwann am Nachmittag erreichen wir die Meerenge von Zapuntel, zwischen Ist und Molat, legen uns dort an eine Boje und beobachten die Manöver der anderen Schiffe, die anlegen. Den ganzen Tag über hat die Bewölkung immer mehr zugenommen, und am späten Nachmittag schlägt auch noch ein Gewitter zu. Keine Motivation, das Schlauchboot aufzublasen und an Land zu rudern.
Es ist immer noch bedeckt, und wir fahren unter Motor nach draußen. Hinter Ist kommt etwas Wind, wir setzen die Segel und kommen mit vier Knoten voran. Bei Olib wird der Wind schwächer und dreht, so dass wir zwischen Silba und Olib kreuzen müssen und schließlich wieder den Diesel anwerfen. Wir versuchen ein paar Mal zu segeln, aber der Wind wird einfach nicht stärker. Und so dümpeln wir dahin, machen Knoten in die herumliegenden Leinen (Affenfaust und ähnliche Spielereien; es endet in regelrechten Fesselspielchen zwischen Michael und Basti), und motoren dann nach Ilovik, wo wir an einer Boje festmachen. Bei derart wenig Wind hat das Weiterfahren keinen Sinn.
Jetzt ist es erst zwei Uhr nachmittags, also Zeit für einen Landgang. Wir blasen das Schlauchboot auf, rudern an Land und legen vorsichtig zwischen den spitzen Steinen, Krebsen und Seeigeln an. Eigentlich wollten wir einkaufen, aber das vermutlich einzige Geschäft auf der Insel hat sehr seltsame Öffnungszeiten (vormittags, und 17-19 Uhr) und entsprechend momentan geschlossen. Na gut, dann müssen wir eben heute Abend noch einmal kommen - wir rudern zurück zum Schiff und machen uns dort eine Packung Spaghetti zum Mittagessen.
Weil uns auf dem Schiff langweilig wird, beschließen wir, den Einkauf mit einer Wanderung und Fotosession zu verbinden. Wir laden die Fotoausrüstung in unsere wasserdichten Peli-Boxen, rudern wieder an Land, machen dort ein paar 3D-Fotos und starten dann zu einer kleinen Insel-Erkundung. Wir laufen den schmalen Betonweg entlang, der aus dem Ort hinaus auf den Hügel führt und uns dann zwischen Steinmauern durch das Tal, das die Insel ungefähr in Ost-West-Richtung durchschneidet, zur Bucht auf der anderen Seite führt. Dort ist die Küste nicht so felsig, sondern ziemlich flach und mit einem breiten Gürtel von pflanzlichen Treibgut gesäumt, auf dem man wie auf Schaumstoff läuft. Über einen Trampelpfad zwischen den Büschen geht es zurück Richtung Dorf, zwischen den Häusern und Gärten gelangen wir auf Fußwegen wieder nach unten zur „Hauptstraße“, und gehen dort in den Supermarkt zum Einkaufen. Wir haben fast kein Geld mehr, das Budget gibt nicht viel mehr als Brot und Milch her - zusammen mit den inzwischen ebenfalls ziemlich geschrumpften Beständen auf dem Schiff muss das bis morgen abend reichen. Mit nur wenig Essbarem in den Händen, aber einigen Fotos mehr in den Geräten rudern wir zurück zum Schiff und montieren für die morgen bevorstehende Überfahrt über den Kvarner, die sich bis in die Nacht hinziehen wird, den Radarreflektor am Achterstag.
Bis jetzt ist noch niemand gekommen, der Geld für den Liegeplatz will; damit sich das nicht ändert, fahren wir gleich in der Morgendämmerung los. Es ist gerade erst hell geworden, über dem Wasser steht dicker Dunst, aber der Himmel direkt über uns ist tiefblau. Wir werfen die Bojenleine über Bord und tuckern leise über das absolut spiegelglatte Wasser Richtung Norden. Als wir zwischen Losinj und Sveti Petar durchfahren, geht hinter letzterer Insel gerade die Sonne auf, und die Bäume der Insel bilden vor dem roten Licht der Morgensonne eine scherenschnittartige Silhouette. Es ist absolut windstill, man hört kein Geräusch - außer unserem Diesel, der mit einem sonoren Klang vor sich hinorgelt. Die ersten Sonnenstrahlen erreichen unser Schiff, und der Tau auf den Winschen glitzert im Sonnenlicht.
Aber am Boden hält sich der Dunst den ganzen Vormittag lang. Wir fahren an zwischen Losinj und Cres entlang, und obwohl beide Inseln nicht weit voneinander entfernt sind, können wir nur von Losinj die Berge erkennen (und erst, als wir 1-2 sm nah dran sind), Cres verschwindet komplett im Nebel. Das Wasser ist immer noch spiegelglatt, nur unsere Bug- und Heckwellen bringen eine Schwingung auf die Wasseroberfläche, die sich am Horizont im diffusen Dunst verliert. Was für ein Anblick, irreal, bizarr!
Am späten Vormittag erreichen wir Nerezine, einen kleinen Hafen im Norden von Losinj. Zum Glück ist kein Wind, denn Basti geht nicht gerne in diesen Hafen, nachdem er einmal die Bora hier erlebt hat. Der Hafen ist nämlich klein (d.h. für Yachten nur am äußeren Steg tief genug) und nach Nordost offen, er musste damals Leinen quer über das Hafenbecken zum Wellenbrecher ziehen, um nicht vom Wind gegen den Steg gedrückt zu werden. Heute ist der Hafen fast leer, wir können uns einen Platz aussuchen; kurz nach uns legt ein Ehepaar mit einem Schiff mit Auslegern an. Im Hafen ist außerdem noch ein Schiff namens „Pellworm“, das mir schon vor einem Jahr einmal begegnet ist, im Hafen von Veli Losinj.
Erst einmal holen wir unser Frühstück nach; wir backen uns Brötchen mit einer Ciabatta-Backmischung und kochen uns Cappuccino, und kurz nach elf Uhr marschieren wir los - wir wollen nämlich auf den Televrina, den höchsten Berg der Insel Losinj (und deutlich höher als die meisten Inseln in der Umgebung), der direkt hinter dem Ort beginnt. Wir laufen durch den Ort und dann auf den beschilderten Wanderweg, der anfangs ein kleines Sträßchen ist und später zu einem schmalen geschotterten Hohlweg wird. So geht es bergauf, meist durch Wald, und als wir oben den Grat erreichen, machen wir eine Pause; dabei habe ich mit meinem GPS zu kämpfen, das wieder einmal vollkommen verwirrt ist und keine Satelliten findet („not usable EPE“, immer am Berggipfel!). Anschließend geht es über einen felsigen Abschnitt, auf dem der Weg durch auf die Felsen aufgesprühte rote Punkte gekennzeichnet ist, auf den den Berg Sveti Mikula; um Viertel vor eins sind wir auf dem Gipfel, den eine charakterisische Kapelle (sieht aus wie eine Mischung aus Kapelle und Schutzraum, mit vielen Blitzableitern) krönt. Dieser Berg ist ein fantastischer Aussichtspunkt, denn auf der einen Seite kann man auf Unije und auf der anderen auf Cres herunterschauen, und den restlichen Teil von Losinj, der wesentlich flacher ist, kann man ebenfalls überblicken. Nur ist heute die Sicht ziemlich schlecht: der Dunst, der den ganzen Vormittag über auf dem Wasser lag, ist langsam aufgestiegen und hängt jetzt dicht über den Bergen und verhüllt die Sonne. Auch unter diesem Hochnebel ist die Sicht nicht optimal, wir können gerade einmal bis Unije sehen. Bei klarer Luft kann man von hier aus angeblich bis Italien schauen - aber klare, trockene Luft gibt es nur bei Bora, und dann ist der Hafen von Nerezine problematisch. Da ist es uns lieber, sich über das Schiff keine Sorgen machen zu müssen.
Über einen Waldweg laufen wir rund zehn Minuten am Grat entlang zum Nachbargipfel, den noch etwas höheren Televrina (589 m). Dort sind wir nicht die einzigen, wir treffen nämlich auf zwei Männer, die sich ein Feuer gemacht haben und offensichtlich auch die tellerförmige Antenne, die auf einem Felsen installiert ist, aufgebaut haben. Wir machen ein Selbstauslöserfoto von uns, bei dem auch der Fels mit der Antenne abgebildet ist - er sieht auf dem Foto fast wie eine Person aus, daher nennen wir ihn den „Mexikaner“. Vielleicht machen die Leute Vermessungsarbeiten, und diese Antenne ist für die Positionsbestimmung über GPS - hoffentlich haben die Männer damit mehr Glück als ich mit meinem Gerät. Inzwischen spinnt es nämlich total und behauptet, wir seien 5000 Fuß unter dem Meer. Nein, wir sind fast zweitausend Fuß darüber, aber wie will man das so einem Gerät klar machen...
Michael nutzt die Pause, um zu Hause anzurufen, und berichtet begeistert von dem absolut tadellosen und kristallklaren Handygespräch, das er so noch nie rlebt habe. Anschließend machen wir uns an den Abstieg, im Wesentlichen auf Serpentinen durch den Wald mit gelegentlichen Ausblicken auf Nerezine, Cres und Osor.
Zurück am Schiff (14:45) ist es Zeit für Cappuccino und Kekse, wir unterhalten uns mit der Crew des Nachbarschiffs („Habt ihr einen Elektromotor?“, fragen sie, weil unser Diesel so leise ist) und faulenzen noch ein bisschen. Um 16 Uhr machen wir uns dann fertig für das Auslaufen, weil die Drehbrücke von Osor, die die Inseln Losinj und Cres verbindet, um 17 Uhr geöffnet wird. Wir lassen uns Zeit, fahren gemütlich nach Osor (brauchen eine halbe Stunde) und drehen dort unsere Runden, auf die Öffnung der Brücke wartend. Die Brücke geht auf, und weil anscheinend eine nicht zu vernachlässigende Strömung vorhanden ist, rauschen wir ziemlich flott durch den Kanal (6 kt FdW, 10 kt FüG). Als wir eine Weile später die Nordwestspitze von Losinj hinter uns lassen, setzen wir Segel. Dank Toppgenua kommen wir trotz sehr wenig Wind ohne Motor aus, und dümpeln dem Sonnenuntergang, ohne Stress, ohne Lärm. Als es dunkel wird, gehen Michael und ich nach unten, um das Abendessen zu machen - traditionell gibt es bei der Kvarner-Überfahrt Reis mit Thunfisch (traditionell deshalb, weil wir es zumindest letztes Jahr auch so gemacht haben); Michael will wissen, wie viel Knoblauch ein Essen verträgt, und verarbeitet konsequent eine ganze Knolle (!), aber davon schmeckt man nachher erstaunlich wenig - vielleicht wurde der Geschmack vom Thunfisch-Öl und den restlichen Zutaten (Mais, Pfefferkörner, Chili, Oregano, Basilikum, Suppenpulver) absorbiert.
Während dem Essen bemerkt Basti über dem Horizont eine merkwürdige Erscheinung: immer wieder erscheinen zwei orangerote Lichtpunke, bewegen sich ein Stück nebeneinander, verändern dabei aber ihren Abstand, steigen und sinken, und sind dann, nach ungefähr einer halben Minute, plötzlich verschwunden. Ein UFO? Wir sind ratlos, denn diese Objekte bewegen sich einerseits verdammt schnell (dafür, dass sie vermutlich sehr weit weg sind), andererseits hört man nichts, es ist absolut ruhig. Erst nach einer ganzen Weile des Herumrätselns kommt uns eine Idee: vielleicht sind es zwei sehr weit entfernte Kampfflugzeuge, die gelegentlich ihre Nachbrenner einschalten. Die Flugzeuge selbst sieht man nicht, aber das Feuer aus den Nachbrennern; und wenn man genau hinhört, ist eine knappe Minute danach ein leises Grummeln zu hören, sie müssen also gut über zehn Kilometer weit weg sein.
Nachdem die Sonne unter dem Horizont verschwunden ist, legen wir vorsichtshalber die Schwimmwesten mit Lifebelt an (wenn nachts jemand über Bord fällt, ist es schwer, ihn zu finden), und hinter unserem Schiff geht langsam der Vollmond auf. Er spiegelt sich auf der Wasseroberfläche, unser Schiff hat im Gegenzug die dunkelrote Instrumentenbeleuchtung und die grünlich leuchtenden Displays der GPS-Geräte unter dem Sprayhood zu bieten - Fotoapparate raus, Zeit für Nachtaufnahmen! Und uns gelingen tatsächlich ein paar hübsche Bilder. Hinter dem Leuchtturm von Galijola schläft der Wind dann vollständig ein, wir bergen die Segel und werfen den Diesel an.
Als wir uns der Südspitze Istriens nähern, können wir schon weit vorher das Licht des Leuchtturms Porer erkennen, aber das Leuchtfeuer von Albanez, das links daneben sein müsste, ist einfach nicht zu erkennen. Wir lesen in unserem Kartenmaterial nach: wenn das Leuchtfeuer von Albanez ausgeschaltet ist, wird am Leuchtturm Porer ein zusätzliches Dauerlicht gesetzt. Ist das vielleicht der Fall? Gemeinsam starren wir drei auf Porer, reichen das Fernglas herum, aber können beim besten Willen nicht erkennen, ob es ein oder mehrere Lichter sind. Basti meint, ein Dauerlicht zu erkennen - aber das kann genauso das normale Leuchtfeuer sein, das man immer noch schwach sieht, auch wenn der Strahl in eine andere Richtung zeigt. Sicherheitshalber programmieren wir ein GPS auf Porer und das andere auf Albanez, um auf jeden Fall die Durchfahrt zu finden. Irgendwann, viel später, sehen wir plötzlich das Leuchtfeuer von Albanez - erstaunlich, dass man trotz der vollkommen klaren Nacht das Licht erst so spät erkennen kann. Vielleicht liegt es auch am Wind, der jetzt etwas auffrischt, so dass wir wieder segeln können.
Hinter den Leuchttürmen kommen wir bald in die Nähe der Küste, wo auffällig viel Treibgut im Wasser ist. Immer wieder sehen wir Plastiktüten neben dem Schiff, und weil wir inzwischen (etwa auf der Hälfte der Strecke Porer-Veruda) die Segel geborgen haben und dahin motoren, muss ich mit der Taschenlampe am Bug stehen und Basti vor den Tüten warnen, weil sich die Tüten im Propeller verfangen und im Lager festschweißen können. Während draußen auf dem Meer die Temperatur noch angenehm warm war und ich mit T-Shirt und kurzer Hose im Cockpit sitzen konnte, fällt jetzt ein empfindlich kühler Landwind ein, der aber einen angenehmen Duft hat (riecht nach Wald).
Wir sind wieder im Heimathafen, und müssen heute das Schiff aufräumen und winterfest machen. Als erstes muss getankt werden; weil es zu aufwändig wäre, wegen dem bisschen Diesel das Schiff loszumachen und unter Einsatz der gesamten Crew wenige hundert Meter bis zur Tankstelle zu fahren, schnalle ich wieder den Kanister auf das Fahrrad und fahre dreimal zur Tankstelle. Währenddessen macht sich Basti am Motor zu schaffen; bei bestimmten Drehzahlen vibriert das Gehäuse und quietscht dabei. Als Ursache für das Quietschen findet Schläuche, die am Gehäuse anstoßen, und bindet sie mit Kabelbindern ein Stück von der Gehäusewand weg. Anschließend packen wir unsere Taschen, räumen ein Großteil des Gepäcks von Bord und spritzen das in diesem Törn oft benutzte Schlauchboot mit Süßwasser ab. Dann haben wir noch einen Auftrag zu erledigen: Bastis Vater ist Physiklehrer, und möchte seinen Schülern Bilder zeigen können, wenn er ihnen den Flaschenzug rklärt - und deshalb sollen wir auf dem Schiff die Groß- und Fockschot und ähnliche Konstruktionen für ihn ablichten.
Nach eine kurzen Pause geht es weiter: wir nehmen die Segel ab, verstauen sie in Segelsäcken in der Bugkoje, und behandeln das Deck mit einer Politur, bis es glänzt und sich absolut glatt anfühlt. Nach so viel Arbeit haben wir uns ein gutes Essen verdient und gehen in die Pizzeria (bezahlen kann man zum Glück per Kreditkarte, mangels Bargeld), wo wir wieder riesige Jumbo-Pizzen vertilgen.
Nur noch ein paar letzte Dinge müssen aufgeräumt werden, dann können wir das Schiff absperren und mit der Persenning zudecken. Mit den letzten paar Kuna holen wir uns aus dem Supermarkt zwei Flaschen Wasser und eine Tafel Schokolade (die gleichzeitig als Frühstück dient, mangels anderer Vorräte), und um zehn Uhr fahren wir los, Richtung Heimat. Über Pazin und Buzet geht es in das hügelige Slowenien, das unter trübem Nebel und Hochnebel liegt.
Durch das flache Land nördlich von Ljubljana kommen wir der steil aufragenden Mauer der Alpensüdseite immer näher, und überqueren sie über den Wurzenpass. Hier hat schon der Herbst eingesetzt, die Blätter sind gelbrot verfärbt. Unser Hunger wird immer stärker, und so halten wir an einer Hähnchenbude bei einem Supermarkt in Villach an. Wir haben nur noch 162 Schilling und rechnen herum, was man damit alles kaufen könnte - es reicht schließlich exakt für drei halbe Hähnchen und Kartoffelsalat! Jetzt haben wir überhaupt kein Bargeld mehr, in keiner Währung. Aber das ist auch gut, Anfang nächsten Jahres kommt der Euro, da kann man Schilling eh nicht mehr gebrauchen.
Auf der Bundesstraße geht es weiter nach Spittal - wir haben kein Geld mehr für eine Autobahnvignette -, wo es plötzlich sehr windig wird; bunte Blätter fliegen durch die Luft. Und als wir uns dem Katschbergpass nähern, beginnt es auch schon zu regnen. Der Regen wird immer stärker, als wir uns den Tauern nähern und bei Obertauern überqueren. Dieser Ort liegt zwar wunderschön auf einem Gebirgssattel und ist wegen seiner Höhenlage ein Wintersportmekka, aber anscheinend auch zu einem alpinen Disneyland verkommen. Zumindest die Straßenlampen sind an Kitschigkeit kaum zu überbieten. Bei Radstadt hört der Regen wieder auf - anscheinend eine typische Staulage am Alpenhauptkamm, mit den Gipfeln im Nebel - und wir fahren flott neben der Autobahn dahin. Ab Pass Lueg zeigen sich sogar einzelne blaue Stellen im wolkenverhangenen Himmel.
Salzburg ist ein Alptraum, wenn man sich nicht auskennt. An der Salzach entlang fahren wir in die Stadt und müssen uns dann wieder Richtung Flughafen nach draußen kämpfen; besser wäre es gewesen, Salzburg im Südwesten zu umfahren - Basti hat seine Stärken eher in der Navigation von Booten als im Lesen von Straßenkarten. Zurück in Deutschland geht es gleich auf die Autobahn, und wir fahren Richtung Westen dem Sonnenuntergang und den rot leuchtenden Wolkenfetzen entgegen. Über das Radio hören wir von zwei Unfällen auf unserer Autobahn, aber zum Glück gibt es fast keine Behinderungen; um 20 Uhr, zehn Stunden nach der Abfahrt, sind wir wieder zu Hause.