11. Tag: Grand Canyon NP - Phantom Ranch (01.10.1999)

303 GC SKT Bruecke von oben Wir stehen Viertel vor sechs auf, machen uns fertig, fahren in den Ort und parken das Auto am Bright Angel Trailhead. Mit dem Shuttle-Bus, der erst um zwanzig vor sieben kommt, fahren wir dann bis zum South Kaibab Trailhead, wo wir gegen Viertel nach sieben ankommen. Es ist immer noch saukalt, deshalb haben wir lange Hosen und Pullover an. Der Trail schlängelt sich steil an der Felswand bergab, nach einer knappen dreiviertel Stunde wird es uns warm und wir ziehen uns um. Die anderen Wanderer, die mit uns im Bus waren, haben wir längst überholt. Mit gelegentlichen Foto- und Videostopps geht es weiter runter (dabei knickt mir ein Bein meines Teleskopstativs ab - Mist!). Das Erstaunliche am Grand Canyon ist einfach seine Größe. Groß sieht er schon aus, klar, aber richtig fassen kann man es nicht. Das muss man erleben, und deshalb laufen wir runter. Man läuft und läuft und läuft, aber kommt nicht viel weiter runter. Irgendwann haben wir ein etwas flacheres, bewachsenes Plateau erreicht. Das kann man von oben sehen, nicht aber den Colorado, der fließt noch wenige hundert Meter tiefer in einem weiteren Einschnitt; von oben sieht man ihn nur an wenigen Stellen, wo Seitencanyons den Blick auf ihn freigeben. Er sieht von oben aus, als hätte er vielleicht drei Meter Breite, tatsächlich ist er aber etwa so breit wie der Inn. Auf dem Weg weiter runter begegnen uns zwei 'Karawanen' von Maultieren, die Zeug raufschaffen (auf den Maultieren werden Vorräte zur Phantom Ranch runtergebracht und der Müll anschließend wieder hoch; unten soll es sogar Bier geben... etwas pervers). Warum haben die Amis hier eigentlich keine Lastenseilbahn oder eine Straße runtergebaut? Normalerweise bauen die echt überall eine Straße hin. Irgendwann haben wir es dann geschafft, durch einen Tunnel und über eine Hängebrücke über den Colorado geht es weiter und schließlich ein Stückchen in den Bright Angel Canyon, wo die Phantom Ranch liegt. 307 GC SKT unten gruen Hier unten ist eine ganz andere Welt, man kann den Rand des Canyons nicht sehen, alles ist ruhig und abgeschieden, es wachsen Kakteen und große Bäume (auf dem Weg gab es nur Büsche). An der Phantom Ranch ruhen wir uns aus, essen unsere Vorräte. Obwohl wir flott unterwegs waren (v.a. Michael hat ein beachtliches Tempo vorgelegt), fast alle anderen überholt haben, nur kurze Pausen gemacht haben, haben wir drei Stunden gebraucht. Und unsere Zehen tun uns weh, vom vielen runterlaufen. Hier unten läuft eine Wasserleitung durch den Grand Canyon vorbei, ebenso eine Telefonleitung (die von CCC-Arbeitern gebaut wurde, jetzt von Mountain Bell betrieben wird und heute ein nationales Denkmal ist). Das müssen wir uns natürlich geben, von diesem entlegenen Punkt aus zu Hause anrufen. Wie schade, zu Hause ist es regnerisch bei zehn Grad... hier ist es seit Tagen nur noch sonnig und es hat momentan 30 °C, Tendenz steigend. Gegen halb zwölf gehen wir wieder los, nachdem wir unsere Wassersäcke aufgefüllt haben. Zurück geht's über den Bright Angel Trail, der ist angeblich flacher, länger, breiter, und mehr Maultiere sind darauf unterwegs (länger ist er, flacher nur an manchen Stellen, aber genauso breit, und mehr Maultiere sind auch nicht unterwegs - vielleicht ist das in der Hochsaison anders, denn hier werden scheinbar die 312 GC BAT Palme Touristen transportiert, während auf dem South Kaibab Trail die Güter befördert werden) und vor allem gibt es mehrere Wasserstellen im Gegensatz zum South Kaibab Trail . Kaum haben wir wieder den Colorado überquert, diesmal auf einer anderen Hängebrücke, wird es schon unerträglich heiß. Die Sonne steht fast senkrecht. Als der Weg in einen Seitencanyon abzweigt, wird es brutal. Wir müssen uns oft ausruhen und trinken sehr viel. Die ersten 300 Höhenmeter bis zum Plateau scheinen gar nicht enden zu wollen. Bis wir den ersten Rastplatz (unter Bäumen!) erreichen, haben wir unsere Wasservorräte aufgebraucht. Dort ruhen wir uns aus, tanken auf, essen was, und weiter geht's. Über das Plateau gehen wir nochmal durch die brütende Sonne, dann schlängelt sich der Weg in Serpentinen an der Felswand nach oben, und es ist schattiger. Kaum zu glauben, dass es da noch fast 1000 Meter raufgeht. Wir laufen und laufen. Es ist tatsächlich so: man kommt zwar immer höher, relativ schnell, finde ich, aber der Rim oder allein schon der hellen Gesteinsschicht in den oberen gut 100 Metern kommt man einfach nicht näher. Wir steigen und steigen, endlos, es geht leichter als unten, weil es nicht mehr gar so heiß ist und im Schatten liegt. Wir trinken nicht mehr ganz so viel, aber hier im oberen Teil gibt es noch zwei weitere Rastplätze mit Wasser. Wie kann man nur so endlos lange nur raufgehen? Kurz nach fünf kommen wir oben an, nach über fünfeinhalb Stunden Aufstieg. Insgesamt waren wir etwa zehn Stunden unterwegs. Und diese Zeit haben wir auch gebraucht. Rein ins Auto, zum Campingplatz, essen, schlafen, die Erholung brauchen wir.