Der längste Tag unseres
Lebens. Um 9 Uhr fährt mich mein Vater zum Michael, von dort
aus bringt uns seine Mutter zum Flughafen München, weil sie
das neue Munich Airport Center besichtigen will. Sofort
geht's zum Einchecken, alles klappt gut (die Befürchtung
meines Vaters, es gäbe ein Gewichtslimit von 20 kg war
falsch, man kann bis zu 64 kg mitnehmen), die Leute sind sehr
nett, stellen aber viele Fragen (z.B. „Haben Sie Ihr
Gepäck unbeaufsichtigt gelassen? Nehmen Sie etwas für
jemand anderen mit?“), ganz amerikanisch, wie wir
später feststellen werden. Nachdem wir uns das MAC anschauen
und von Michaels Mutter noch zu einer Cola eingeladen werden,
geht's um 12.35 h los. Der Flug in einer Boeing 767 ist eher
langweilig, weil die Musikauswahl schlecht und dürftig ist,
wir nicht am Fenster sondern in der Mittelreihe sitzen und das
eigentlich gar nichts ausmacht, weil wir den ganzen Flug
über Wolken haben und vom Boden sowieso nichts sehen. Etwas
verfrüht landen wir um 15.40 h (Ortszeit) in Philadelphia
(obwohl der Pilot sehr seltsame Warterunden zu drehen scheint;
generell sind wir von seinen Flugmanövern etwas
verwundert...). Das Wetter ist scheiße, Nieselregen, und
über der Stadt liegen mehrere Wolkenschichten, so dass es um
17 Uhr schon sehr dämmerig ist. Der Flughafen ist stark
überlastet, überall stauen sich die Flugzeuge, an einem
Ende wird gebaut, und überhaupt sieht die Umgebung sehr
amerikanisch aus, wie ich bei der Landung gesehen habe (Autobahn,
typische Wassertürme, die Fahrzeuge auf dem Vorfeld sind
Pickups). Durch endlose Gänge gehen wir durch Immigration,
Customs, holen unser Gepäck und checken es dann sofort
wieder ein und gehen zu B4, wo der Weiterflug nach Denver startet
(die Leute an den verschiedenen Stationen sind oft schwer zu
verstehen; Hauptsache die Formalitäten stimmen, egal ob es
Sinn macht oder nicht). Ein erstes Bild der Amerikaner: den
typischen Ami gibt es nicht (wie etwa den typischen Deutschen),
alle sehen verschieden aus, eben eine multikulturelle
Gesellschaft. Es gibt viele Farbige, im Warteraum sitzt auch ein
Geistlicher (was für einer?), manche trinken irgendwelche
Softdrinks, die Erwachsene in ihrem Alter bei uns nicht
anrühren würden, es gibt erstaunlich viele
übergewichtige Leute, die Geschäfte sind auch typisch:
„Auntie Ann's Pretzels“ oder so ähnlich, da
gibt es nicht nur normale Brezen, Vollkornbrezen oder
Sesambrezen, sondern auch mit sour cream and onion! Und bei
manchen Geschäften gibt es die typischen Werbeangebote, kauf
drei und du bekommst eins gratis etc. Weiter geht es, der Flug
nach Denver hat Verspätung, das Flugzeug steht da, aber das
Boarding fängt einfach nicht an. Es gibt zwar viel Personal,
das aber etwas hilflos erscheint. Es stellt sich raus, dass das
Flugzeug, eine alte Boeing 737, Probleme mit der Tür hat,
die Techniker basteln verzweifelt dran rum... sehr
vertrauenerweckend, wenn's weiter nichts ist... Dafür
ist der Flug schön, wir verlassen schnell die dicke
Wolkendecke und können bald den Erdboden sehen, vermutlich
irgendwo bei Cincinatti oder so, der Fluss war vielleicht der
Ohio, das Land ist hügelig, bald kommen aber die Great
Plains: endlose Weite, schnurgerade Straßen rechtwinklig
angelegt in regelmäßigen Abstand, quadratische Felder
mit Farmen, verstreut über das Land. Alles gleich. Dann
taucht Denver auf und wir landen, auf dem neuen Flughafen. Der
Pilot checkt die Landung voll.
Der Flughafen ist sehr
großzügig und neu, wenige Menschen sind dort (im
Vergleich zu Philadelphia, der platzte ja aus allen Nähten).
Zur Gepäckausgabe muss man mit der U-Bahn fahren (die
Türen haben beim Schließen elektronische
Geräuscheffekte, überhaupt scheinen die Amis solche
Gadgets zu lieben)! Der Angestellte am Schalter der
Autovermietung Budget will uns zuerst ein größeres
Modell andrehen, dann behauptete er, wir seinen nicht genug
versichert, obwohl wir bereits in Deutschland eine
Zusatzhaftpflicht- und Kaskoversicherung abgeschlossen haben, und
schließlich will er nicht akzeptieren, dass ich als Fahrer
keine Kreditkarte habe und Michael als zweiten Fahrer eintragen
für eine Zusatzgebühr von mehreren $ täglich, weil
er noch nicht 21 ist. Schließlich einigen wir uns auf 1
Cent Zusatzgebühr pro Tag, das gibt dann auch noch 3 $
Trinkgeld. Danach werden wir von einem Shuttle-Bus auf einem
großen verlassenen Parkplatz neben einem Kia Sportage
ausgesetzt, wie sich herausstellt befindet sich der
Schlüssel im Waagen. Der Kia ist ausreichend groß
(eigentlich ein Mini-Jeep), ich freunde mich mit der
Automatikschaltung an und los geht's auf den Highway
(orientierungslos), irgendwie weg vom Flughafen, nach Denver....
bereits nach einigen Meilen macht uns ein
unmissverständliche Handzeichen eines Pickup-Fahrers klar,
dass sich hier wohl nicht jeder an die Geschwindigkeitslimits
hält .... nach einer Weile finden wir ein Motel 6. Wird genommen, weil wir
schließlich schon fast 24 Stunden am Stück wach
sind....